Brief 19 veröffentlicht am 24 Oktober 2011

Viviers: Portrait einer französischen Diözese abseits vom Motu Proprio

Seit Beginn des Sommers veröffentlichte die französische Ausgabe unseres Briefes eine Reihe von Untersuchungen bei fünf französischen Diözesen, denen die Anwendung des Motu Proprio Summorum Pontificum zu ihrem Leidwesen vorenthalten wird. Die Situation in einer von ihnen, der Diözese von Viviers, ist solch eine Karikatur, die sehr viel über den nachkonziliaren Katholizismus in europäischen Ländern aussagt.

Die Diözese von Viviers erstreckt sich über das Ardèche département an der Rhone südlich von Lyon. Einst war es die Diözese, wo P. Houghton, von dem wir einige Zeilen in unserem letzten Brief für Sie wiederholten, Zuflucht fand, nachdem er seine Pfarrei am Tag nach der offiziellen Einführung des Missale von Paul VI. verlassen hatte. Heute ist sie eine der wenigen Diözesen im kontinentalen Frankreich, wo die traditionelle Liturgie völlig unterdrückt ist, da selbst die Priesterbruderschaft Pius X. dort keine Niederlassung hat. Trotzdem gibt es Nachfragen nach der außerordentlichen Form und Bischof Blondel, der Ordinarius von Viviers, ist sich dessen seit dem Jahr 2000 bewusst.


I – Eine Diözese ohne Berufungen

Die Diözese Viviers zählt laut Statistiken vom Jahresanfang 139 Priester, von denen 72 noch aktiv sind. Die Altersdemographie ist sehr kritisch, da nur sieben dieser Priester unter 50 Jahren alt sind! Und es wird nicht besser, denn im Moment hat die Diözese keinen einzigen Seminaristen, was bedeutet, dass es in den nächsten sieben oder acht Jahren keinen neuen Priester geben wird…

Eine priesterliche Wüste bahnt sich in dieser Diözese unter der Leitung Bischof Blondels an, trotz seines Versuches, im Jahr 2006 den Trend mit einem Pastoralbrief „Über priesterliche Berufungen und die Mission der Priester“ abzuwenden. Leider erzielte dieses Dokument trotz einer verbreiteten Auflage von 38.000 Exemplaren keine der erwarteten Reaktionen. Vielleicht weil, ganz im Gegenteil zu Kardinal Piacenzas Bemühungen in Rom, die Diözese Viviers die einzigartige Identität des Priesterstandes ignoriert?

Die Berufungsstatistiken, über die wir regelmäßig berichten, zeigen, dass es eine innere Beziehung zwischen einer kräftigen Stärkung der priesterlichen Identität und der Anzahl von Berufungen gibt…


II – Die diözesane Anfrage

Die Hintergrundgeschichte der Diözese Viviers-Anfrage begann mit dem Treffen einiger Familien, die in ihren Pfarreien auf schlichte Ablehnung ihrer Bitte stießen und sich dann für eine gemeinsame Nachfrage zusammenschlossen.

Die Repräsentanten dieser Anfrage schrieben nach einem Treffen mit dem Priester ihrer Pfarrei, P. Nougier, an Bischof Blondel und baten um Teilhabe an den Vergünstigungen des Motu Proprio Summorum Pontificum. Dieser Brief, verfasst im Oktober 2010, wurde vom Bischof im November desselben Jahres beantwortet. Die schnelle Antwort, die für Bischof Blondel spricht, ist nun, zusammen mit unseren Kommentaren, unten zu lesen. Sie werden sehen, wie emblematisch er für das Denken einiger unserer Prälaten steht, für die Großzügigkeit nicht nur begrenzt ist, sondern auch Gegenleistungen erwartet!


III – Die Antwort des Bischofs

Viviers, 19. November 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

Pater Henri Meissat, Bischofsvikar und Pater Berbard Nougier, Pfarrer von Sankt Joseph in Pays de Ligne, teilten mir Ihre Bitte vom 14. Oktober 2010 auf Anwendung des Motu Proprio Summorum Pontificum mit.
Diese berichteten mir von ihrer Einstellung während ihres Treffens sowie von Ihrer geleisteten Versicherung, dass sie im Namen einer stabilen Gruppe agieren.

Ich nehme hiermit Kenntnis von Ihrer Bitte. Hier nun das, was ich zu organisieren beabsichtige, damit sie erfüllt werden kann.

Der Zelebrant, den ich bestimmt habe, ist P. Henri Goin, früherer Pfarrer der Kathedrale, der im Moment in den diözesanen Archiven angestellt und ein sehr guter Latinist ist.

Mit der Zustimmung des Pfarrers der Charles de Foucauld Le Teil/Viviers-Pfarrei, wird Ihnen die Kirche Saint Laurent in Viviers zur Verfügung gestellt.

Am ersten Samstag jedes Monats wird dort die Messe nach dem Missale von 1962 gefeiert werden. Die Lesungen des Wortes Gottes werden die der ordentlichen Form sein, denn ich bestehe auf ihrer Gemeinschaft mit allen Gemeinden der Diözese. Die Lesungen des Wortes Gottes sollen auf Französisch vorgenommen werden.

Die Messe soll, sagen wir, um 17.30 Uhr gefeiert werden und als Pfarreimesse gelten. Die Ankündigungen sollen denen der Pfarrei und Diözese entsprechen. Die Kollekte geht an die Pfarrei.

P. Meissat wird ein Treffen zwischen P. Goin und Ihnen organisieren, bei dem der Tag der ersten Zelebration festgelegt werden soll.

Wir werden die Situation in sechs Monaten auswerten.

Ich denke, damit habe ich Ihrer Anfrage entsprochen.

Mit der Versicherung meiner besten Wünsche und meiner Gebete.

Mit freundlichen Grüßen
François BLONDEL
Bischof von Viviers


IV – Kommentar von Paix Liturgique

1) Ebenso wie den relativ kurzen Zeitraum, in dem Bischof Blondel auf die Anfrage geantwortet hat, können wir seine Form der Antwort nur schätzen: in der Art zu schreiben und mit ausgefeilten Details. Dies ist leider nicht allzu häufig: So viele europäische Hirten und Bischöfe, beschränken sich – wenn sie überhaupt antworten! – auf eine kurze mündliche Absage oder einen Schwall von katechetischen/pastoralen Überlegungen.

Bischof Blondel beendet seinen Brief mit der Formel: „Ich denke, damit habe ich Ihrer Anfrage entsprochen.“

2) Sehr gut, aber glaubt dieser Prälat allen Ernstes, dass er der Anfrage, die ihm gestellt wurde, wirklich nachgekommen ist?

In zwei Punkten war dieses Dokument für die Empfänger enttäuschend:

- der Ort: sicherlich ist Viviers der Bischofsitz, die Anfrage wurde aber in Largentière getätigt, 50 Kilometer entfernt; auf den örtlichen Straßen bedeutet das eine Fahrstrecke von 50 Minuten.

- die liturgische „Spielerei“: Indem er bestimmt, dass die Lesungen dem ordentlichen Lektionar entsprechen, zwingt Bischof Blondel eine Bedingung auf, die dem Geist des Motu Proprio entgegengesetzt ist und das die Instruktion Universae Ecclesiae vom 13. Mai 2011 in Artikel 24 spezifisch beantwortet hat: „Die liturgischen Bücher der forma extraordinaria sind nach ihren eigenen Vorschriften zu gebrauchen“. In Artikel 26 wird hinzugefügt – als ob dies irgendwelcher Erklärung bedürfte -, dass die Lesungen „Lesungen der heiligen Messe nach dem Missale von 1962“ sein sollen. Bitte beachten Sie genauestens die theologische Begründung von Bischof Blondel: gemeinsame Lesungen sind ein Zeichen der Einheit zwischen den diözesanen Gemeinden…

Wir könnten noch zwei weitere Punkte hinzufügen: die Frequenz von einmal im Monat und die Tatsache, dass nach dem kanonischen Recht, dem das Missale von 1962 unterliegt, der Samstag nicht der Messpflicht unterliegt.

3) Die Diözese hat geschwiegen, seitdem die Gläubigen ihrer Enttäuschung Ausdruck gegeben haben. Das Resultat war, dass es auch zehn Monate nach dem Brief des Bischofs keine erste Zelebration gegeben hat. Aber die Diözese hat es ja auch nicht nötig, ihren Gläubigen entgegenzukommen. Während einerseits die Frage des Ortes der Feier nur in einer neuen Diskussion mit den Antragsstellern geklärt werden kann, wurde allerdings die „Spielerei“ mit der Feier (der Rahmen des Missale von 1962 mit den Lesungen von 1970) von der Instruktion Universae Ecclesiae bereits endgültig beantwortet.

4) Kann man hoffen, dass, während die Weltkirche den 4. Jahrestag des Motu Proprio feiert, Bischof Blondel den Antragsstellern in Ardèche endlich die freudige Überraschung bereitet, ihnen eine Zelebration, wenn auch nur einmal im Monat, wenn auch nur am Samstagnachmittag, in der außerordentlichen Form des römischen Ritus –und zwar wirklich in der außerordentlichen Form- bewilligt?