Brief 10 veröffentlicht am 22 November 2010

Interview mit S. Exz. Bischof Athanasius Schneider (2)

Die Reform der Reform, die durch den Heiligen Vater gefördert wird, ist ein Werk, das langsam voranschreitet, da es bisher an der notwendigen Unterstützung der bischöflichen Hierarchie gefehlt hat. Trotz dem Abwarten der Mehrheit der Prälaten, haben einige jedoch beschlossen, sich mit Begeisterung und Gehorsam, um die Förderung der neuen liturgischen Bewegung zu engagieren, die von Benedikt XVI. gewünscht wird.

Wir freuen uns, hier ein Interview mit einem von ihnen zu veröffentlichen: S. Exz. Bischof Athanasius Schneider, Weihbischof von Karaganda in Kasachstan und Autor von "Dominus Est – Es ist der Herr - Gedanken eines Bischofs aus Zentralasien über die heilige Kommunion“, erschienen 2008 im SJM-Verlag.

Wir haben ihn zu folgenden Themen befragt:

I. Kommunion
II. Die gegenseitige Bereicherung der zwei Formen des Römischen Ritus
III. Orientalische Sicht in Fragen der traditionellen Gabenbereitung, der Priesterausbildung und der Inkulturation



II. DIE GEGENSEITIGE BEREICHERUNG DER ZWEI FORMEN
DES RÖMISCHEN RITUS

S. Exz. Bischof Schneider, den wir in diesem Sommer anläßlich der Spendung von Niederen Weihen trafen, spricht vor allem von der traditionellen Rolle des Diakons, des Lektors und des Meßdieners in der modernen Liturgie.


6) In seinem Motu Proprio Summorum Pontificum, regte Papst Benedikt XVI. die gegenseitige Bereicherung der beiden Formen des einen Römischen Ritus an. Sie feiern ja gerne in der einen wie in der anderen Form des Ritus. Bei welchen Gelegenheiten könnte sich diese Bereicherung am fruchtbarsten zeigen?

AS: Wir haben den Papst ernst zu nehmen. Wir können nicht weiterhin so tun, als hätte er diesen Satz nicht gesagt, und sogar, als hätte er ihn nicht geschrieben. Natürlich gibt es Möglichkeiten, auch ohne daß die Meßbücher überarbeitet werden müssen, die beiden Formen des Ritus einander näher zu bringen.

Eine erste Idee könnte sein, ab dem Offertorium „versus Deum“ zu zelebrieren, wie es übrigens in den Rubriken des neuen Meßbuches vorgesehen ist. Das Meßbuch von Papst Paul VI. gibt in der Tat klar an, daß sich der Zelebrant zweimal dem Volk zuwenden soll. Ein erstes Mal, im Moment des "Orate Fratres" und ein zweites Mal, wenn der Priester „Ecce Agnus Dei“ während der Kommunion der Gläubigen sagt. Was anderes sollte diese Angabe bedeuten, als daß der Priester während der Opferung und des Canons dem Altar zugewandt ist? Im September 2000 veröffentlichte die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung eine Antwort auf ein "quaesitum" über die Gebetsrichtung des Priesters während der hl. Messe. Indem sie erklärte, "versus populum“ erscheine als die bequemste Haltung, da sie die Kommunikation erleichtert", präzisierte sie jedoch, „anzunehmen, daß die Opferhandlung vor allem zur Gemeinde hin ausgerichtet sein soll, wäre ein schwerer Fehler. Wenn der Priester „versus populum“ zelebriert, was legitim und oft angeraten ist, muß seine geistige Haltung immer Gott durch Jesus Christus zugewandt sein.“

Es scheint mir, daß heute diese Antwort, die die Zelebration zum Volk hin verteidigt, an die neue Realität des Motu Proprio Summorum Pontificum mit der Empfehlung angepaßt werden kann, ab dem Offertorium gegen Osten zu zelebrieren.

Hinsichtlich der Kommunion könnte der Heilige Stuhl auch eine universelle Empfehlung veröffentlichen, um daran zu erinnern, was in der Allgemeinen Einführung des Missale Romanum Artikel 160 vorsieht: "Die Gläubigen empfangen die Kommunion kniend oder stehend, so wie es die Bischofskonferenz erlassen wird. Wenn sie die Kommunion stehend empfangen, wird ihnen empfohlen, vor dem Empfang des Sakraments, eine angebrachte Geste der Ehrfurcht zu machen, so wie es die Bischofskonferenz erlassen wird." Es ist zu betonen, daß der offizielle Text der Kirche, der den Novus Ordo kommentiert, als erste Form der Kommunion die kniende Form ist ...

Darüber hinaus wäre es gut, die Kommunionspendung durch Laien auf die Abwesenheit des Priesters und des Diakons zu beschränken.

Eine weitere Möglichkeit zur Anreicherung der neuen Liturgie wäre, daß die Lesungen aus der Heiligen Schrift, von Männern in liturgischen Gewändern und auf keinen Fall von Frauen oder Männern in Zivilkleidung vorgetragen werden. Denn die Lesungen werden im Chor vorgetragen, einem Ort, der seit der apostolischen Zeit den Priestern, den Diakonen und den mit den niederen Weihen ausgestatteten Männern reserviert ist. Nur wenn keine geweihten Männer anwesend sind, könnte ein männlicher Laie diese ersetzen. Der Dienst am Altar, Lektor oder Ministrant, ist keine Ausübung des allgemeinen Priestertums, sondern gehört zum geweihten Priestertum, besonders zum Diakonat. Aus diesem Grund hat die Kirche, zumindest ab dem dritten Jahrhundert, die Niederen Weihen als eine Art der Entfaltung der verschiedenen dem Diakon anvertrauten Funktionen eingeführt; zum Beispiel die Pflege des Heiligtums und die Hinführung der Gläubigen zur Liturgie (Ostiarier), die Lesung des Wortes Gottes in der Liturgie (Lektor), die Vertreibung der bösen Geister (Exorzist), der Dienst als Kerzenträger und Altardiener (Akolyth). Man kann so besser verstehen, warum die Kirche seit jeher die Erteilung der Niederen Weihen und die Einsetzung als Lektoren oder Akolythen Männern vorbehalten hat.

In diesem Kontext kann man gut verstehen, daß eine der Bereicherungen, die durch die Annäherung der beiden liturgischen Formen möglich wird, darin besteht, zur gesunden Tradition zurückzukehren, den Chor den Männern vorzubehalten: den Diakonen, Ministranten, Lektoren und Chorknaben. Es nützt nichts, sich über den Zusammenbruch der Berufungen zu beklagen, wenn Jungen nicht mehr zum Dienst am Altar aufgerufen werden.

Schließlich sollte das Gebet der Gläubigen, die Fürbitten, nur Diakonen, Akolythen und Lektoren in liturgischen Gewändern reserviert werden. Es wäre noch mehr im Einklang mit der Jahrtausende alten Tradition der Kirche, sowohl der westlichen wie der östlichen, daß dieses Gebet der Gläubigen oder das Allgemeine Gebet nur durch den Diakon gelesen oder besser noch gesungen wird, denn es wurde von seinem Ursprung her als „oratio diaconalis“ bezeichnet In Ermangelung eines Diakons, wäre es angemessener, wenn es vom Priester vorgetragen würde, wie dies übrigens bei der Verkündigung des Evangeliums der Fall ist. Der Begriff des „Gebets der Gläubigen“ bedeutet ja nicht, daß dessen Vortrag in die Zuständigkeit der Gläubigen gehört. Dies wäre ein historischer und liturgischer Irrtum. Der Name des Gebetes bezieht sich vielmehr darauf, daß es zu Beginn der Messe vorgetragen wurde, wenn der Diakon oder der Priester der göttlichen Majestät die Intentionen der ganzen Kirche, also auch aller Gläubigen, darbot.


7) Und für die außerordentliche Form? Auf welche Weise könnte sie im Kontakt mit der ordentlichen Form des römischen Ritus angereichert werden?

AS: Ich würde sagen, daß der Geist dessen, was ich über den Novus Ordo erwähnt habe, in der außerordentlichen Form angewandt werden kann. Die heiligen Lesungen sollten den Gläubigen immer zugänglich sein, also in der lokalen Sprache und nicht nur in Latein vorgetragen werden, mit Ausnahme besonderer Anlässe. Die Lesungen könnten so auch in dieser Form vorgetragen werden, durch einen geweihten oder eingesetzten Lektor oder sogar durch einen männlichen Gläubigen in liturgischem Gewand.

Die Einführung von einigen Präfationen des neuen Missale wäre eine schöne und nützliche Initiative, sowie die Aufnahme von neuen Heiligen in den traditionellen liturgischen Kalender.