Brief 72 veröffentlicht am 27 Januar 2017

Die außerordentliche Form in allen Pfarreien und Diözesen zu etwas Alltäglichem machen

Während wir dieses Jahr den 10. Jahrestag der Veröffentlichung des Motu Proprio Summorum Pontificum von Papst em. Benedikt XVI. feiern, das die Nutzung des tridentinischen Missales „erlaubt“ hat, sind wir voll Freude, ihnen einige Überlegungen des Juristen Christian Browne ans Herz zu legen, der einen Artikel für die amerikanische Zeitschrift „Crisis Magazine“ verfasst hat.


Populus Summorum Pilgerfahrt, Rom, 2013. Bishof Rifan feiert die Messe in der Kirche Santa Maria sopra Minerva.

In diesem Text – der an Aktualität nichts eingebüßt hat – versucht der Verfasser einige Überlegungen zur „Förderung der traditionellen Messe“ anzustellen, während des Pontifikates von Papst Franziskus, der sichtlich uninteressiert an liturgischen Fragen ist.Der Autor bezieht sich ganz besonders auf kanonische Aspekte von Summorum Pontificum (SP). Er betont, dass SP oft „dargestellt wird, als ob es die traditionelle Messe ‚freigeben‘ würde,“ wobei diese Beschreibung „nicht vollständig den Tatsachen entspricht“. SP bestätigt ein „Recht“ der Priester auf die traditionelle Messe, aber belegt die Gläubigen mit verschiedenen Bedingungen, um von diesem Recht Gebrauch machen zu können. Wenn jeder Priester ein Recht darauf hat, nach dem Missale von Papst Johannes XXIII. zu zelebrierten, dann bezieht sich das nicht nur auf die Messen „die ohne Volk gefeiert werden“, d. h. Privatmessen (SP, Art. 2). Für alle anderen Zelebrationen, erinnert Browne, kommt es jeder einzelnen stabilen Gruppe von Gläubigen zu, sich mir ihrem eigenen Pfarrer zu einigen, und Pfarreien haben die notwendige Autorität in dieser Sache „Freiwillige“ einzuladen, die die notwendigen Anforderungen bedienen (SP, art. 5, §1).

Dieser juristische Kommentar ist „von einer allergrößten Bedeutung für die zukünftigen Anstrengungen der traditionellen Bewegung“, denn sie bedeuten, dass die außerordentliche Form weniger „außerhalb des Gewöhnlichen“ stattfinden soll. Die traditionelle Messe muss sich in den Pfarreien verwurzeln. Der Autor sieht sich aber gleichermaßen gezwungen, zu erklären, „dass die Anzahl der Orte, wo die tridentinische Messe zelebriert wird, viel zahlreicher geworden sind, nachdem Summorum Pontificum veröffentlicht wurde, wobei die allergrößte Mehrheit der Pfarreien keinen Zugang zur traditionellen Liturgie zulässt.“ „Die außerordentliche Form bleibt – trotz des Willens der Gläubigen – in einigen Ortskirchen nur zu außergewöhnlichen Uhrzeiten und an außergewöhnlichen Gelegenheiten vorbehalten.“

Browne kommt so zum Kernpunkt seiner Überlegungen, „Summorum Pontificum hat eine Kirche innerhalb der Kirche geschaffen, in der, kleine aber überzeugte Grüppchen der traditionellen Messe anhängen“ und entsprechend den Normen und liturgischen Praktiken leben, die sich vom Novus Ordo unterscheiden (Liturgischer Kalender, Lesungen, etc.). Wir müssen eingestehen, dass diese Situation bereits im Rahmen des Motu Proprio Ecclesia Dei bestand: mit anderen Worten hat SP bewirkt, dass die Anzahl der traditionellen Messen steigt, aber es hat die Lage nicht wesentlich geändert. „Diese Situation einer Kirche innerhalb der Kirche ist nicht optimal. Sie kann zu einer Art Trennung führen“ in der die traditionsverbundenen Gläubigen mit Strenge behandelt werden „auch wenn nur unterbewusst“, im Vergleich zu den Gläubigen der ordentlichen Form. Auf der anderen Seite, so der Autor des Artikels weiter, können die traditionellen Gläubigen sich in ihrer Gemeinde „in die Ecke gestellt fühlen“, um nicht zu sagen ausgeschlossen oder eingesperrt, da „sie oft in andere Ortskirchen fahren müssen, um die außerordentliche Form zu finden.

Dementsprechend stimmt die Aussage Benedikts XVI. im Art. 1 von SP, wo er sagt, dass es zwei „Ausprägungen des lex orandi in der Kirche gibt – die ordentliche und die außerordentliche Form, aber dass sie keine Spaltung des lex credendi in der Kirche bewirken dürfen“, da es sich um „zwei Formen des römischen Ritus“ handele, dem allerdings durch die Praxis widersprochen werde. „Die traditionsverbundenen Gläubigen“, erklärt Browne, „sind dem täglichen Leben der Kirche und der ordentlichen Ausübung ihres Glaubens fern, und der ordentliche Gläubige kennt die traditionelle Messe nicht und weiß nichts vom Bruch des Novus Ordo, oder wie er normalerweise in den Pfarreien zelebriert wird, und dem weltlichen Kult der Kirche“. Oft wird die traditionelle Messe nur an entlegenen Orten oder zu unpassenden Zeiten zugelassen. Man kann sagen, dass die Pfarreien, abgesehen von einigen Ausnahmen, keine gesunde Zusammengehörigkeit leben, wie sie Summorum Pontificum vorgeschlagen hat.

„Diese Zensur wird selten beleuchtet, während es dringlich wäre, denn alles in allem geht das gegen die tiefe Natur der Kirche, die vor allem EINE ist: Ecclesia una est. Um wirklich vom Geschenk SP vollen Gebrauch zu machen, sollte die traditionelle Welt nach einer größeren Integration streben, in das Leben der normalen Pfarreien hinein. Der Weg, den es einzuschlagen gilt, ist klar, auch wenn er schwierig erscheint: die Praxis der traditionellen Messe in höherer Zahl in die Pfarreien einzubauen, ganz besonders an Sonntagen.“ Im 5. Artikel des 2. Paragraphen erklärt SP ganz klar, warum nicht auch „an Sonntagen und an Festtagen Zelebrationen [der außerordentlichen Form] stattfinden sollen.“ Aber dies wird von der großen Mehrheit der Pfarrer Abgelehnt, da es „Risiken gibt, dass die Einheit der Kirche zerstört wird“, wobei in Wirklichkeit sie nur davor Angst haben, die Existenz der zahlreichen Gläubigen anzuerkennen, die an der traditionellen Liturgie teilnehmen…und somit auch an der traditionellen Glaubensverkündigung.

Im Zuge seines Artikels erklärt der Autor, dass gemäß seinen Einschätzungen, diese größere Verbreitung durch eine Vergrößerung der SP-Gruppen in das Pfarrleben vonstattengehen sollte, ganz besonders durch Katechismusstunden, Messdienerausbildung und dem Chor. Warum auch nicht? Auch wenn diese Ratschläge von über dem Atlantik stammen, sind nur wenige Pfarrer – aus Angst vor ihren Pastoralhelfern – dazu bereit, traditionsverbundenen Gläubigen im täglichen Leben der Pfarreien Platz einzuräumen.

In Wirklichkeit fühlen sich die Pfarrer nicht wirklich frei über die außerordentlichen Feiern zu bestimmen, weil sie sie als etwas Gestriges empfingen, wenn nicht sogar antikonziliar. Christian Browne weiß darum und schließt seinen Artikel mit einem Aufruf an die Bischöfe, die sich bisher eher durch Entzug ihrer Verantwortung ausgezeichnet haben, indem er erklärt, dass sich SP vor allem an die Pfarrer richtet, und diese dazu drängt, es in ihre Verantwortung zu nehmen, die Zelebration der traditionellen Messe in ihren Pfarreien umzusetzen (genauso wie sie es normalerweise für die Jugendmesse, und Messen in anderen Sprachen machen, etc.)

Es bleibt zu bedenken, dass die Macht der Bischöfe durch das Zweite Vatikanische Konzil maßgeblich gewachsen ist, etwas, das Browne im Hinterkopf hat, wenn er mit viel Realismus schreibt: „Es ist die Aufgabe der Bischöfe, die Intention und das Erbe von Benedikt XVI. zu ehren, der die Koexistenz der beiden Formen fördern wollte, und keinen Pfarrer bestragen sollte, der nur den Gedanken hat, einen öffentliche und regelmäßige Feier des alten Ritus einzuführen. Es bleibt in der Hand der Bischöfe, dass sie viele Priester auch in der traditionellen Form der Liturgie ausbilden sollen“. Wer kann da noch etwas hinzufügen?

Schlussendlich erkennt der Autor – nicht ohne Ironie – an, dass „die Menschen der traditionellen Messe nicht auch Anerkennung verdienen, wie die Einwanderer oder der Umweltschutz?“ Die Bischöfe kümmern sich aber nur minimal und erkennen nicht, dass die Verbreitung der alten Messe eine wirkliche „Verbesserung des Pfarrlebens“ verursachen würde.

Schließlich ist die traditionelle Liturgie „das Erbe aller Getauften“. Jeder hat „das Recht von ihr zu wissen und an ihr teilzunehmen (aktiv zweifelsohne) um seinen eigenen Glauben zu nähren und den der ganzen Weltkirche.“