Brief 71 veröffentlicht am 15 Dezember 2016

Liturgische Musik und Feierlichkeit

Wir veröffentlichen einen neuen Artikel aus der Feder von Maestro Aurelio Porfiri, um die Reihe über geistliche Musik und die außerordentliche Form auf Paix Liturgique fortzusetzen.


Messe des Populus Summorum Pontificum 2015 im Petersdom. (Foto von Emanuele Capoferri)

Es kommt nicht selten vor, dass man Menschen trifft, die sich nach Teilnahme einer Pfarrmesse in ihrer Ortschaft darüber beschweren, dass die Messe nicht mehr die „Feierlichkeit von früher“ hat. Nun kann man dem teilweise zustimmen, aber ich glaube es ist interessant zu verstehen, was man mit Feierlichkeit meint und welche Rolle die Musik bei dieser Angelegenheit spielt. Ich habe mich mit diesem Thema vor einigen Jahren beschäftigt (Celebrare solennemente, in Liturgia 174, 2002) und werde daher auf einige Elemente dieses Studiums zurückgreifen, natürlich mit den nötigen Einschiebungen und Anpassungen.

Um einen Anfang zu machen, ist es nicht von ungefährem Interesse zu bewerten, wie das Zweite Vatikanische Konzil das Problem der Feierlichkeit in der Liturgie angegangen hat, wie wir schon häufig wiederholt haben, denn man kann und man darf nicht die musikalischen Elemente von den liturgischen Elementen trennen, da man sonst in Gefahr läuft, einen doppelten Fehlschluss zu ziehen: denn die Liturgie ohne Musik vertrocknet, Musik ohne Liturgie verleitet zum Stolz.

Bedeutet Erhabenheit Feierlichkeit?

„Formam nobiliorem actio liturgica accipit, cum divina Officia Sollemniter in cantu celebrentur, quibus ministri sacri intersint quaeque populus actuose participet.“ Sacrosanctum Concilium, 113.
„Ihre vornehmste Form nimmt die liturgische Handlung an, wenn der Gottesdienst feierlich mit Gesang gehalten wird und dabei Leviten mitwirken und das Volk tätig teilnimmt.“ Dieser berühmte Satz bietet uns ein Arbeitsprogramm von besonderer Bedeutung. Die Liturgie, um besondere Feierlichkeit zu erlangen, benötigt drei wichtige Elemente: den Gesang, die heiligen Leviten und die aktive Teilnahme des Volkes.

Jetzt lesen wir diesen Text auf folgende Weise: „Ihre vornehmste Form nimmt die liturgische Handlung an, wenn der Gottesdienst mit Gesang gehalten wird und dabei Leviten mitwirken und das Volk tätig teilnimmt.“ Sehen Sie, wie es funktioniert, oder? Ich habe ein kleines Wort gestrichen, gerade damit derjenige, der es liest, zwischen dem offiziellen Text und dem leicht modifizierten unterscheiden kann und dementsprechend die Auswirkungen wahrnimmt. Das fehlende Wort ist „feierlich“. Im Text wird nicht nur gesagt, dass der Kult „feierlicher“ wird, wenn die drei zitierten Elemente zugegen sind (Gesang, Leviten und aktive Teilnahme), sondern sie ist vornehmender, wenn sie „feierlich“ gestaltet wird. Wie kann man dieses Wort „feierlich“ im Satz erklären? Wie wird das Wort gelesen? Was bedeutet in der Praxis das „feierlich Feiern“?

Das Wörterbuch Zingarelli der italienischen Sprache gibt für „feierlich“ diese Definition an: „festlich, eine Zeremonie, die sich mit einem gewissen Apparat des Prunks vollzieht. Meisterhaft. Bedeutend.“ Diese Definition erklärt schon einmal das Wort „feierlich“ in seiner jeweiligen einzelnen Anwendung, es handelt sich um etwas Außergewöhnliches. Somit steht der Begriff „feierlich“ im Gegensatz zum Wort „gewöhnlich“. Das italienische Wort „feierlich“ stammt vom lateinischen Wort „sollemnis“ und ist eine Zusammensetzung der Worte „sollus“ (ganze) und „amno“ (Jahr) und kann somit übersetzt werden als: „dasjenige, was jedes Jahr stattfindet.“ Andere Autoren bevorzugen die Einheit des Wortes „sollus“ und „omnis“, was bedeutet „das Ganze“ und „vollkommen“. Auch diese Bedeutung gibt uns einen Anlass zur weiteren Überlegung. Wir finden sehr häufig das Wort von den lateinischen Autoren verwendet. In einer religiöseren Terminologie bedeutet „feierlich“ nicht viel anderes als das jährliche Geschehen des religiösen Ereignisses, das auch den Sinn des „Feierns eines Opfers“ impliziert. In der Heiligen Schrift kommt dieser Begriff häufiger vor, vor allem im Alten Testament. Ich konnte mehr als 80 Stellen finden, an denen dieses Wort im Alten Testament vorkommt. Natürlich wird es auch in vielen anderen Formen wiedergegeben. Die am häufigsten verbreitete Tradition dieses Begriffs die ich in der italienischen Ausgabe der Bibel (Bibbia di Gerusalemme) gefunden habe, ist mit dem Wort „Fest“ verknüpft, das – wie wir gesehen haben – auch durch das Zingarelli-Wörterbuch als eine der ersten Definitionen wiedergegeben wird.

Ein kurzer historischer Abriss

Aber welche historische Entwicklung hat die „feierliche Messe“ oder „Feierlichkeit“ durchgangen, zumindest in unserem Jahrhundert? Man sollte sich nicht wundern, dass das Dokument, das Sacrosanctum Concilium vorausgeht, das Dokument über liturgische Musik, das Motu Porprio Tra le sollecitudini vom hl. Pius X vom 22. November 1903 ist. Um dieses grundlegende Dokument zu verstehen, muss man sich auch klarmachen, auf welche besonderen zeitgebundenen Fragen das Dokument seiner Zeit eingegangen ist, die vielleicht auch für unsere Zeit von Aktualität sind. Das bedeutet dass die begrifflichen Formulierungen, die in ihm enthalten sind, um gut verstanden zu werden, in den historisch-sozialen Kontext seiner Zeit eingebettet werden müssen.

Im 19. Jahrhundert wurde die liturgische Musik sehr stark von den Opern-Vorlagen der Zeit beeinflusst. Wir sprechen hier von den Entwicklungen in Italien, wo man während der Elevation der Messe den Organisten ein Liebesduett auf der Orgel spielen hören konnte, das gerade en vogue war und wo die liturgischen Bestandteile wie das Gloria genauso verstanden wurden, wie theatralische Szenen, die in sich selbst abgeschlossen und sogar miteinander austauschbar waren (man spielte das Gloria eines bestimmten Komponisten aber an der Stelle des „qui tollis“ setzte man ein Stück eines andern Komponisten ein, das vielleicht ein schönes Stück für den Tenor war, da gerade ein berühmter Tenor zugegen war). All dies stellte den Modus dar, auf welche Weise der Ritus „feierlicher“ wurde, und wurde nicht rein negativ verstanden.

Ich glaube, dass man sich einige Elemente herausgreifen muss, um nicht Verurteilungen zu verfallen, die auch oft durch die historiographischen oder musikologischen Forschungen ausgesprochen werden, bei denen allerdings der Sinn für Proportionalität und zeitlichen Geschmack außer Acht gelassen wird. Es werden musikalische Elemente eingebaut, da man (richtigerweise) dachte, dass man Gott das Beste geben muss, was man zu bieten hat. Die Länge einiger Stücke konnte dabei die Bedeutung darstellen, die man den jeweiligen liturgischen Momenten geben konnte (aber in diesem Fall kam man vom Weg ab, denn es wurde der Rhythmus der Liturgie selbst ignoriert). In Rom war das nicht alles so, wobei es einige Entwicklungen gab, die durch die Theatralik bedingt wurden. Es gab allerdings auch eine liturgische Entwicklung. Auch in dieser hörte man noch das Echo des Theaters, aber man darf nicht vergessen, dass es sich um Musik handelte, die aus der Zeit des 19. Jahrhunderts stammte, denn das war die Musikszene der sich viele anschlossen. Wie gesagt, kann man von wirklicher Kunst sprechen, wobei sie in vielen Fällen nicht liturgischer Natur war. Davon sprechen wir allerdings auch nicht, wenn wir von Musik sprechen, die in den letzten Jahrzehnten die Liturgie prägte. Der Cäcilianismus, der durch das Motu Proprio von Pius X. gefördert wurde, gab seine Antwort auf die Wiederbelebung einer liturgischen Musik, die mehr mit der Zelebration im Einklang stand. Diese Antworten wurden auch Objekt der kritischen musiktheoretischen Bewertung, aber es ist hier nicht der Moment diese andere Thematik aufzurollen (für weitere Informationen siehe Porfiri, 2013).

Der Satz, mit dem das Motu Proprio eröffnet wurde, könnte man auch an den Anfang jedes anderen Dokuments über das Thema stellen: „Die Kirchenmusik ist ein wesentlicher Bestandteil der feierlichen Liturgie. Daher nimmt sie an dem allgemeinen Zweck derselben teil, der da ist die Ehre Gottes und die Heiligung und Erbauung der Gläubigen.“ Sacrosanctum Concilium nimmt diese Elemente haargenau auf, erweitert und präzisiert sie aber (siehe SC 7 und SC 112 beispielsweise). Der hl. Pius X. bestätigt in seinem Dokument (das in sich sehr viel dem Jesuitenpater Angelo de Santi schuldet) ohne Anflug eines Zweifels, dass der Gesang in der Landessprache verboten ist und dort entspringt seine Insistenz der Wiederbelebung des Lateins als einzige Kultsprache. Feierlichkeit wird also zum Synonym der „liturgischen Sprache par excellence“, dementsprechend, als direkte Auswirkung der Sprache unserer musikalischen Tradition, wobei er auch den modernen Ausdrücken der musikalischen Kompositionen für die Liturgie nicht die Tür verschloss, ja sie sogar fördert, solange sie die Elemente der Gutheit, der Heiligkeit und der Universalität der Form teilten. Das Volk kann direkt am Singen teilnehmen, an den Antworten und den Akklamationen, aber de facto wird die Volksanteilnahme im Gesang mehr auf die außer-liturgischen Gelegenheiten verlagert, wie den Kreuzweg, die eucharistische Anbetung und so weiter.

Feierlichkeit in diesem Dokument wird verstanden als die Schönheit des Ritus, die unterstützt wird durch Musik die durch Schönheit und Künstlerische Meisterleistung erhebt; das Ganze entfaltet innerhalb einer rituellen Aktion. Vergessen wir aber auch nicht, die vor-konziliare Zeit, wo – unter einigen Bedingungen – der Gesang in Landessprache gefördert wurde, solange er nicht durch den wahren und passenden liturgischen Gesang verwechselt wurde (zu diesem Thema siehe Maggioni, 1997).

Ein anderes Dokument von Pius XI verdient Aufmerksamkeit. Es handelt sich dabei um die Apostolische Konstitution „Divini Cultus Sanctitatem“, die zum 25. Jubiläum des Motu Proprio geschrieben wurde, mit dem wir uns bis hierhin befasst haben und die am 20. Dezember 1928 veröffentlicht wurde. Wiederum hier erinnert er an die Wirksamkeit der Sakralmusik in der Feierlichkeit der Messe, und erinnert an andere Begriffe, die beispielsweise die Choralscholas „scholae cantorum“ betreffen. Aber das was für unseren Zweck von Bedeutung ist, ist, dass dem Problem der Teilnahme des Volkes ein größerer Raum eingeräumt wird. Dieser Abschnitt (DCS, IX, 16) scheint mit sehr deutlich zu sein, und einen Geist des Wandels zu beinhalten: „Damit aber die Gläubigen aktiver am Gottesdienst teilnehmen, soll der Gregorianische Choral beim Volke wieder eingeführt werden, soweit er für das Volk in Betracht kommt. Es ist in der Tat durchaus notwendig, dass die Gläubigen nicht wie Fremde und stumme Zuschauer, sondern, von der Schönheit der Liturgie ganz ergriffen, an den heiligen Zeremonien so teilnehmen, dass sie mit dem Priester und dem Sängerchor nach den gegebenen Vorschriften im Gesange abwechseln. Das gilt auch, wenn bei feierlichen Umzügen, Prozessionen genannt, Klerus und fromme Vereine in geordnetem Zuge mitgehen. Wenn das gut gelingt, dann wird es nicht mehr vorkommen, dass das Volk entweder gar nicht, oder kaum mit einem leisen, unverständlichen Gemurmel auf die gemeinsamen Gebete antwortet, die in der liturgischen oder der Volkssprache vorgebetet werden.“

Sicherlich ist ein Wandel sichtbar, er ist schwerlich zu überlesen. Es scheint mir mehr noch als ein Wandel eine Vertiefung zu sein, dessen, was die feierliche Zelebration ausmacht und wie sie vielleicht in Kontrast zu einer feierlichen Messe mit stillem Volk steht. Nach der zitierten Stelle bittet der Papst alle Mitglieder der Kirche darum, an der Instruktion des Volkes mitzuwirken, damit dieses aktiver an der Messe teilnehmen kann.

Hier werden wir mit einem weiteren grundlegenden Schritt der liturgischen Erneuerung konfrontiert, in der Enzyklika von Pius XII „Mediator Dei“, die am 20. November 1947 veröffentlicht wurde. In dieser Enzyklika wird man sich einem Wiedererwachen der liturgischen Studien bewusst, mit Wertschätzung und Ermutigung. Man spricht von der allgemeinhin bekannten „liturgischen Bewegung“, die sich jenseits der Alpen abspielt und die uns eine Möglichkeit bietet, in den allgemein gültigen Begriffen von SC zu sprechen und die Grundlage einer liturgischen Reform zu bilden. „Mediator Dei“ ist ein reiches und komplexes Dokument; es scheint aber vor allem wichtig, eine Passage zu zitieren: „Demnach verdienen jene Anerkennung, die, um dem christlichen Volk die Teilnahme am eucharistischen Opfer leichter und heilbringender zu machen, bei passender Gelegenheit den Menschen das „Römische Messbuch“ in die Hand zu geben suchen, so dass die Gläubigen, dem Priester verbunden, mit denselben Worten wie er und in derselben Gesinnung wie die Kirche mitbeten. Ebenso gebührt auch jenen Lob, die sich darum mühen, dass die Liturgie auch nach außen hin eine heilige Handlung werde, an der tatsächlich alle Umstehenden teilnehmen. Das kann auf mehrfache Weise geschehen, indem nämlich das ganze Volk nach den liturgischen Regeln auf die Worte des Priesters in gehöriger Weise antwortet, oder auch zu den verschiedenen Teilen des Opfers passende Lieder singt, oder beides verbindet, oder schließlich indem es im feierlichen Hochamt auf die Gebete des Dieners Jesu Christi antwortet und zugleich die liturgischen Gesänge singt.“ (MD, 295)

Wir können nicht übergehen, wie Pius XII Sacrosanctum Concilium vorwegnimmt und wie er praktisch eines der meist zitierten Dokumente des Konzils entwirft. Die Messe wird feierlicher „Ihre vornehmste Form nimmt die liturgische Handlung an, wenn der Gottesdienst feierlich mit Gesang gehalten wird und dabei Leviten mitwirken und das Volk tätig teilnimmt.“ (SC, §113). Für eine feierliche Liturgie reicht nicht nur ausschließlich schöne Musik, sondern sie muss in der Funktion des Momentes der Zelebration stehen und den funktionalen und ästhetischen Anforderungen „dienen“. In diesem Ausspruch war niemals impliziert, dass sie schlampig oder hässlich sein soll. Es entwickelte sich eine Tragödie, die ohne Zweifel Tochter eines bestimmten Verständnisses der Liturgiereform ist, einer fehlerhaften Hermeneutik, die mit ihr nichts gemeinsam hat.

Papst Pius XII. kehrt am 25. Dezember 1955 zur Argument der Sakralmusik zurück, mit der Enzyklika „Musicae Sacrae Disciplina“ in der er zum einen eine lehramtliche Einrahmung der musikalischen Materie in der Liturgie vornimmt, zum anderen auch einen weiteren Fortschritt und eine Ermutigung ausspricht, für diejenigen, die sich aktiv an der Teilnahme des Volkes bei der Zelebration beteiligen. Sobald er Sakralmusik definiert, können wir eine Verschiebung der Sichtweise feststellen: „Darin nämlich liegt die Würde der Kirchenmusik, darin ihre erhabene Aufgabe, dass sie die Stimme des opfernden Priesters und des christlichen, Gott den Allerhöchsten lobpreisenden Volkes mit ihren schönen Melodien und mit ihrer Würde ziere und schmücke, die Herzen der anwesenden Gläubigen mit der ihr eigenen Kraft zu Gott erhebe und die liturgischen Gebete der christlichen Gemeinde lebendiger und ergriffener gestalte, auf dass alle den Einen Dreieinigen Gott inbrünstiger und wirksamer lobpreisen und anflehen können.“ (MSD, 31) und weiter: „Sie kann darum nichts Höheres und Erhabeneres tun, als die Stimme des Priesters, der das göttliche Opfer darbringt, mit zartem Klange begleiten, auf seine Anrufungen freudig mit dem umstehenden Volke antworten und die ganze heilige Handlung durch ihre edle Kunst erhellen. An diesen hohen Dienst reicht jener nahe heran, den die sakrale Musik auch ausübt, wenn sie die anderen liturgischen Verrichtungen, besonders das Chorgebet, begleitet und verschönert. So ist also dieser „liturgischen“ Tonkunst höchste Ehre und größtes Lob zu zollen.“ (MSD, 34) Nur kurz nach dem zitierten Satz hält der Papst eine Lobrede an den Volksgesang, setzt ihn aber fast ausschließlich mit den außer-liturgischen Momenten in Verbindung, auch, wenn er, einige Paragraphen danach eingesteht, dass man auch einen Teil des Gesangs auf der Volkssprache halten kann, unter der Bedingung, dass dieser Abschnitt nicht aus Worten der liturgischen Texte des jeweiligen Momentes des Ritus bestehen darf. Hier müssen wir eine Unterscheidung zwischen liturgischem und Volksgesang hervorheben, eine Unterscheidung, die in den letzten Jahren auf dramatische Weise in einer „Popularisierung“ des liturgischen Gesanges verloren gegangen ist und damit die Eigenheit des jeweils einen und anderen verraten hat. Man muss hier auch an den Mönch Pierre Miquel erinnern, der bedeutungsvollerweise erkannte: „Die Schönheit ist nicht immer die Tochter des Reichtums. Falsche Luxus regiert in dieser Zeit die Kirche: man will „reich werden“. Seit einem viertel Jahrhundert will man „arm werden“ und das zu einem sehr hohen Preis. Vor allem exzessive Nacktheit hat die Architektur und die Dekoration der Liturgie ihrer Faszination beraubt. Die systematische Armut wird das Banale hervorbringen und das Mittelmäßige, als sein Reichtum.“ (Miquel, 2008, S. 158).

Es ist interessant zu sehen, wie Dom Miquel die Kategorie des „Faszinierenden“ einführt, eine Kategorie, die sich nicht mit der falschen Ideologie des „politically correct“ versteht, die überall verbreitet ist. Das „ideologische Übergrenzen“ (ein Begriff von Julio Loredo für die Befreiungstheologie“ zwischen Liturgie und populistischem hat beide ihres wirklichen Sinnen von Feierlichkeit beraubt (Loredo, 2014). Sicherlich ist die Liturgie in einem gewissen Sinne populistisch, aber dieser Begriff kann nicht als Erniedrigung der Feierlichkeit der Liturgie auf das Alltägliche und gewöhnliche reduziert werden, sondern als die Erhebung des Volkes zur Kontemplation der Gloria Dei.

Um Feierlich zu zelebrieren

Feierlichkeit kann nicht und darf nicht auf Kosten der Zelebration geschehen. Es existiert keine Feierlichkeit in sich, wenn sie nicht der sakralen Handlung dienlich ist. Wir sind keine Götzendiener der Ästhetik in sich, sondern wir leben in einem liturgischen und rituellen Kontext. Feierlichkeit ist eine Entfesselung der Kommunikationsbegrifflichkeit in der Liturgie. „Entfesselung“ bedeutet hier nicht etwas Wildes und Unkontrolliertes, sondern etwas in den Ablauf der Liturgie eingeschriebenes. Wir wissen, dass es viele Regelungen gibt, die sich in der liturgischen Zelebration finden: verbale und nonverbale Regelungen, Raum-zeitliche Regelungen, solche persönlicher und sozialer Art, ikonographische und musikalische (Terrin, 1988). Wenn diese Regelungen in der Liturgie präsent sind, dann werden sie durch ihre richtige Anwendung erhoben und ich wiederhole „zelebrativ“. Die Liturgie wird dann wirklich feierlich, auch wenn man mit diesem Wort das bezeichnet, von dem wir anfänglich sprachen: (sollus+omnis), ein „ganzes und ales“. Sicherlich muss sich die Feierlichkeit der Messe auch an die realen Vorgegebenheiten halten, die der Zelebration zu Grunde liegen.

Einige denken, dass die Feierlichkeit des Singens durch ein polyphones Musikstück zum Ausdruck kommt, auch wenn der Chor nicht in der Lage ist, dieses zu singen. Diese Elemente wurden gut durch den Liturgiker Matias Auge ausgedrückt, der sich in einem post-konziliaren Moment befindet aber dennoch eine Überlegug für beide Formen des römischen Ritus bietet: „in den liturgischen Quellen – antike wie moderne – des sogenannten Sacramentarios Veronenses im Römischen Missale von Paul VI. „sollemnitas“ bezieht sich im allgemeinen auf die liturgische Zelebration als Ganze verstanden. So bedeutet der Ausdruck „Missarum sollemnia“, der zum ersten Mal in einer Predigt an Weihnahten vom Gregor dem Großen verwendet wird, einfachhin „Feier der Messe“. Es gibt also Feierlichkeit, wenn die liturgische Zelebration in all ihren Elementen verwirklicht wird, auf einheitliche Weise und im Respekt zur „Natur“ ihrer jeweiligen Teile: Lesung, Gebet, Akklamationen, Gesten, Gesang, Stille usw. Man erkennt die „Einheit der liturgischen Aktion“ nicht an, wenn beispielsweise, der Gesang in die Zelebration eingefügt wird, als wäre er ein schlechthin „verzierendes“ Element des Ritus und nicht konstitutives Element der selben liturgischen Handlung.“ (Auge, 2016).

Es gibt Abstufungen der Feierlichkeit, die wir entsprechend der wirklichen Situation bewerten müssen. Wenn ein höherer Grad möglich ist, dann ist er willkommen, andererseits sollte man schrittweise und respektvoll der Funktionalität des Ritus folgen. Man darf hier den Begriff „funktionell“ nicht mit „rein praktisch“ verwechseln. Nicht irgendein „Sanctus“ oder irgendeine Musik für den Introitus sind angemessen. Man versteht nicht, dass die Zelebration den liminalen Charakter beibehalten muss, von dem die Anthropologen sprechen: „Wenn man ein gewöhnliches Objekt sakralisiert (Wasser, Nahrung, Stoff oder menschliche Überreste), dann kann man an das Heilige als das ganz Andere oder vollkommen unabhängige denken. Man kann sich vorstellen mit einem Glauben des „Wertes der Macht“ konfrontiert zu sein, der die Macht von einem ins anderen übergehen lässt, und die in ein bestimmtes Objekt fließt, in der Form der Vervollkommnung eines Existierenden. Dieser Übergang des Wertes betrifft beispielsweise einen Leichnam, ein Kleidungsstück oder ein Sakralgegenstand, die eine Welt darstellen oder absichern, die über den Menschen hinausgeht. Es ist unnötig zu erklären, dass die Auswahl der zu sakralisierenden Objekte von größter Bedeutung ist, unterschiedlich in ihrer Materialität und ihrer Natur. Von Kultur zu Kultur sind die Objekte, die sakralisiert werden in verschiedene Klassen eingeteilt, in Hierarchien unterteilt, mit dem Ziel die Macht der Anziehung zu potenzieren.“ (Destro, 2014, S. 116).

Diese neue Wertschätzung der Musik im Dienst an der Liturgie ist verloren, ja, aber gleichzeitig gibt es auch Risiken für die außerordentliche Form des römischen Ritus. Dieses Risiko stellt sich da, wenn die Musik als museales Repertoire verstanden wird, das jeden Sonntag aus dem Schrank geholt wird, wobei es in der geschlossenen Vitrine aufbewahrt wird, um zwar von Angriffen geschützt zu werden, aber gleichzeitig auch von Fruchtbarkeit getrennt wird. Nein um eine Feierlichkeit der Liturgie herzustellen, müssen die zelebrativen Regelungen übersteigen werden, das gilt auch für den Nutzen des Repertoires der Vergangenheit, die immer tiefer in die Gegenwart integriert werden müssen, in eine Gegenwart, in der wir uns wiederfinden, und die Re-form benötigt. Die Gegenwart wird nicht unkritisch aufgenommen, sondern mit den „Augen der Ewigkeit“ angesehen, dieser Ewigkeit, die die Zelebration mit ihrem Gesang mit sich bringt, wenn man anerkennt, das man an der Schwelle steht, die Eintritt in eine andere Dimension gewährt, sie vorbereitet und sie zugänglicher macht.

Aurelio Porfiri

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Bibliographie
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