Brief 69 veröffentlicht am 3 August 2016

Mit Gesang an der Messe teilnehmen

Diesen Monat beginnen wir mit einer Reihe von Briefen, die sich mit der Beziehung von Musik in der Liturgie und der außerordentlichen Form des Römischen Ritus beschäftigen. Maestro Aurelio Porfiri, Verfasser dieser Serie, hat lange Erfahrung mit liturgischer Musik in vielerlei Hinsicht und in vielen unterschiedlichen kulturellen Kontexten (darunter auch Messen im Petersdom in Rom und Erfahrung seiner sieben Jahre in Asien). Diese Artikelsammlung wird die liturgische Musik in ihren Grundlagen erklären, in ihrer Beschaffenheit für jeden Ritus und jede liturgische Form, wie auch in der „neuen“ liturgischen Sphäre, die durch das Motu Proprio Summorum Pontificum von Benedikt XVI. eröffnet wurde.

Wir sind erfreut und geehrt, dass Maestro Porfiri Paix Liturgique als das Medium für seine Arbeit augewählt hat und wir glauben nicht nur Experten einen Meinungsaustausch zu bieten, sondern den Gläubigen eine Chance zu geben, eine persönliche Beziehung mit liturgischer Musik aufzubauen und die Bedeutung der Teilnahme in der sakralen Handlung der Liturgie besser zu verstehen.


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Teilnahme an der Messe durch Gesang
Aurelio Porfiri


Es gibt wenige Themen, die so sehr die Aufmerksamkeit von liturgischen Experten auf sich ziehen, wie die Teilnahme. Dieser Begriff wurde von einer Fraktion für sich beansprucht, als ob er eine geheime Bedeutung hatte, deren Entdeckung und Offenlegung nur den auserwählten wenigen vorbehalten ist, als ob die Thematik in einer Art gnostische liturgische Debatte verwandelt wurde. Gnostisch weil – besonders nach dem Konzil – die Teilnahme ein Thema der Auseinandersetzung wurde, hinter der sich jede Art von politischer, soziologische und psychologischer Argumentation verbirgt.

Für einige bedeutet „teilnehmen“, dass jeder alles macht. Diese Interpretation hingegen spricht gegen die wahre Bedeutung der Teilnahme, die sich nicht auf den Modus des Tuns bezieht, sondern auf den Modus des Seins. Dieser Modus schließt Tun nicht aus, aber beinhaltet einen weiteren, artikulierteren Prozess. Tun setzt Sein voraus, dem alles folgt, aber das kein Zweck in sich ist. Dies muss nun besser erklärt werden.

Zwei Symmetrische Fehler

Sacrosanctum Concilium definiert Liturgie als „sakrale Handlung“. Eine solche Definition läßt den Leser daran denken, dass das Element des Tuns wichtiger ist als das Element des Seins. Dagegen muss es in seiner Ganzheit gelesen werden, insofern als die „sakralen“ Eigenschaften dieser Handlung das Tun der Handlung mit dem Sein des sakralen Elementes verbindet. Wie im Kreuz, bei dem das Element des Seins an der Ursache steht – Kalvaria – wobei unsere Handlung durch das beten der „via dolorosa“ in unserem Leben gegenwärtig gesetzt wird. Daher entzieht sich die actio obwohl sie auf das Heilige bezogen ist, das der Handlung ihre Bedeutung gibt, einem rein vitalistischen Verständnis der Bewegung. Singen um des Singens wegen macht keinen Sinn. Es macht keinen Sinn, dass die Gemeinde singt, wenn das Lied (das Tun) nicht mit der Realpräsenz verbunden ist (wie wir mit Divo Barsotti erklären), das die Kategorie des Seins begründet. Der hl. Augustinus lehrt in seinen Werken: in interiore homine habitat veritas („die Warheit wohnt im Innern des Menschen“).

Leider hat sich auf Seiten der Anhänger der später sogenannten außerordentlichen Form des Römischen Ritus, eine ähnliche unpassende Reaktion auf die andere Richtung als Antwort auf den Fehler des obengenannten Verständnisses der Reformatoren des Konzils gegeben. Für sie war es ein Zeichen der Treue zur „Tradition“ einfach und passiv der Messe beizuwohnen, ohne sich über das Singen als Teil der Feier Sorgen zu machen. Es sollte einfach nur genossen werden, was ein Chor oder ein Chorleiter ihnen anbietet. Es scheint, dass beiden Haltungen eine grundlegend unpassende Absicht zugrunde liegt und dass die Wiederentdeckung eines authentischeren Sinnes der Teilhabe auch viele wichtige Tatsachen über die Messe selber klären wird, die sonst das Risiko eingehen in den Hintergrund vertrieben und in „liturgischen Kriegen“ auseinandergenommen zu werden. Diese Haltung wird letztendlich nicht zum Sieg führen.

Teilnahme als Anrufung

Teilnehmen, wie das Wort selber beinhaltet (pars + caprere), bedeutet „Teil zu nehmen“. Nun lassen sich viele wichtige Schlüsse aus der Beschreibung dieses Wortes ziehen. Leider wurde die Betonung in den letzten Jahren auf „denjenigen, der Teil nimmt“ gelegt, anstelle dessen „an das, an dem Teil genommen wird“. Diese Subjektverschiebung hat eine Wertverschiebung mit sich gebracht, so als ob Gäste, die zu einer Geburtstagsfeier eingeladen werden, wichtiger sind, als derjenige, der gefeiert wird. Nun ist – wie alle wissen – derjenige, der gefeiert wird am wichtigsten und alle Anstrengungen der Gäste bei der „Feier“ (an eines Wort, was in den letzten Jahren weite Verbreitung und Fehlinterpretation erlitt) sind dem zu Feiernden gewidmet. Wäre es anders, würde man das Risiko eingehen, das der servitische Liturgiker Silvano Maggiani einen „Partizipationalismus“ nennt – die Insistenz jeden alles machen lassen zu wollen – mit der Konsequenz, den Kern der actio liturgica zu verlieren, der nicht „derjenige ist, der teilnimmt“, sondern vielmehr dasjenige an dem teilgenommen wird. In der Liturgie sind nicht wir die Akteure, sondern an uns wird agiert. Ich denke, dieser Gedanke wird sehr schön von dem Mönch Pierre Miquel (1920-2003), Abt der Benediktinerabtei vom hl. Martin von Ligugé, ausgedrückt, wenn er sagt: „Seit langer Zeit haben die Menschen die Liturgie vor allem, wenn nicht ausschließlich, als Ausdruck eines religiösen Empfindens verstanden. Heute entdecken wir, dass die Liturgie, bevor sie zum ‚Ausdruck‘ wird, d. h. zur Summe der Emotionen einer Gruppe von Menschen, ein ‚Eindruck‘ ist. Dies ist ein willkommenes Wort, um die liturgische Versammlung auszudrücken, die sich mit vereinter Kraft versammelt, um das auszusähen, was während der Feier empfangen wird.“ (Miquel, 1981).

Diese Perspektive, die von P. Miquels interessantem Text eingeführt wurde, kam auch in vielen Schriften Kardinal Ratzingers/Benedikt XVI. vor, der erklärte, dass die Liturgie ein Geschenk ist, an dem wir berufen sind, teilzuhaben. Der Papst sagte es trefflich in einer Ansprache an die Bischöfe der Schweiz am 7. November 2006: „Ich glaube, aus alledem wird allmählich wieder deutlich, daß die Liturgie eben nicht eine „Selbstveranstaltung“ der Gemeinde ist, die sich dabei einbringt, wie man so schön sagt, sondern das Heraustreten der Gemeinde aus dem bloßen Selbersein und das Hineintreten in das große Mahl der Armen, in die große, lebendige Gemeinschaft, in der Gott uns selber speist. Dieser universale Charakter der Liturgie muß wieder allen bewußt werden. In der Eucharistie empfangen wir etwas, das wir nicht machen können, sondern treten in ein Größeres hinein, das gerade dann unsrig wird, wenn wir uns in dieses Größere hineingeben und die Liturgie wirklich als Liturgie der Kirche zu feiern versuchen.“
Aber es ist diese Art der Teilnehme, wie ich wiederhole, die notwendigerweise hierarchisch und geordnet dem zentralen Subjekt der Feier unterliegt, dem per ipsum, et cum ipso, et in ipso, das der Priester jede Messe wiederholt. Dieses ist aktiv im Sinne einer freiwilligen Antwort des Volkes Gottes in der Anrufung der Feier, und nicht aktiv im Sinne eines Aktivismus.

Musik in der Kunst, Kunst ist Elite

Der Slogan cäcilischen Ursprungs „Lasset das Volk singen“ wird unbedacht wiederholt, ohne sich seiner Bedeutung zu erinnern, die besagt: „Lasset das Volk dasjenige singen, was ihm zukommt“ wobei dies nicht bedeutet, dass dies über aller Professionalität steht, die nötig ist, um die Liturgie mit der Schönheit aufstrahlen zu lassen, die an die Schönheit Gottes erinnert. Das wird auch von Sacrosanctum Concilium erbeten, wo in Nummer 28 steht: „Bei den liturgischen Feiern soll jeder, sei er Liturge oder Gläubiger, in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun, was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt.“.
Dieser offensichtlichen Untauglichkeit folgt - beziehungsweise geht vor – ein Begriff der Kunst der Kirchenmusik, wie er in der Liturgie zutrifft. Man muss Angst davor haben, das Offensichtliche zu wiederholen: Kunst – dazu zählt auch die liturgische Kunst – ist elitär. Nun, natürlich muss man dieses Elitäre gut verstehen. Es bedeutet nicht Exklusivität, wie eine Art gnostischer Erkenntnis, die nur wenigen vorbehalten ist. Nein, das ist nicht der Fall. Trotzdem ist sie elitär dahingehend, dass für ihre Schaffung und Produktion eine Vorbereitung und eine technische Fähigkeit nötig ist, die denen vorbehalten ist, die sich der Musik, der Malerei, der Bildhauerei mit ernsthaftem Studienwillen und Fleiß opfern.

Die Idee, dass Kunst von unten kommen muss, funktioniert nicht. Kunst kommt nicht aus dem Volk, sondern ist für das Volk. Wenn wir anerkennen, dass Kunst von unten kommt, dann geben wir uns einer Produktion hin, die nicht wirklich für das Volk ist, sondern die das Volk schafft durch „Eindrücke“, die es aus kulturellen Trends bekommt. Diese Modeerscheinungen stehen oft im Widerspruch zur christlichen Botschaft, auf die das Volk weder eingehen kann, noch aus ihm eine künstlerische, kulturelle oder ästhetische Bildung ziehen kann. Wenn ich einige Symptome meiner Krankheit erkenne, dann kann ich daraus schließen, welche Krankheit ich habe, wenn bereits eine Erfahrung besteht. Aber für eine bestimmte Diagnose muss ich ein Arzt sein, der ein weiteres Blickfeld hat, wenn es um die Erklärung bestimmter Symptome geht. Der ausgebildete Musiker weiß, wie er sich von kommerziellen Moden abgrenzen kann (oder zumindest sollte er es wissen, hier verallgemeinere ich ein wenig), und er weiß, wie er das sakrale Element in der Musik schützen kann, damit der Geist auf die himmlischen Dinge erhoben und gerichtet werden kann. Das Volk, das seinen eigenen Wünschen selbst überlassen wird, ohne Hilfe von denjenigen zu erfahren, die in der Liturgie arbeiten, kann nichts anderes, als zum Grundlegenden zurückzufallen und alles zu verflachen und nicht hervorzuheben. Dadurch setzen sie sich im Bereich der Liturgie einer Art Kurzschluss aus. In diesem Fall ist das Endergebnis, wie Benedikt XVI. es oben genannt hat eine selbst-zentrierte Messe, und wird zur Selbstsetzung in einem horizontalen Sinn, ohne dass die Tatsache bedacht wird, dass die Feier auf Gott hingerichtet ist und sich nicht selbst gehört, und notwendigerweise nicht zum Selbstausdruck werden soll.

Bereits Romano Guardini hat erklärt, dass „die Liturgie nicht vom Einzelnen gefeiert wird, sondern vom Leib der Gläubigen… derjenige, der die liturgischen Handlungen vollzieht, ist nicht nur das Zusammen von allen individuellen Katholiken. Es besteht in der Vereinigung aller zu einem Leib, aber nur insofern als diese Einheit in sich etwas ist, das verschieden ist von den Millionen, aus der es sich zusammensetzt. Und dieses Etwas ist die Kirche.“ (Geist der Liturgie, 1937, S. 37-38). Man muss vorsichtig sein, das man keinen horizontalen Begriff der Teilhabe hernimmt, um die Gefahren, die ich vorhin erwähnt hatte, zu vermeiden. Erinnern wir uns daran, dass die Horizontale nur Sinn macht, wenn sie auf die Vertikale trifft. Ich möchte hier eine sehr schöne Ermahnung von Robert Poulet zitieren, der sagt: „Eine der größten Verbrechen, das gegen das Volk gerichtet war, war es, seinem eigenen Geschmack zu überlassen, der ganz abscheulich war. Es stimmt, dass der Geschmack der Bourgeoisie wertlos ist. Schönheit, wenn sie regiert, war ein Ergebnis der harten Disziplin, die von einer Minderheit einer Mehrheit angeboten wurde, und diese Mehrheit, einmal Meister ihrer eigenen Gelüste und Vorzüge, befreite sich davon und war erleichtert.“ (Poulet, 1969).

Es ist nicht die Schuld der Menschen, dass ihr Geschmack abscheulich ist, aber da er oft den Moden unterliegt und den wirtschaftlichen und kommerziellen Machthabern, die alle Mittel haben, diese zu dirigieren, wird der niedrigste und unmittelbarste Sentimentalismus der Menschen ausgenutzt. Also, was kann man über bekannte Hymnen sagen? Bekannte Hymnen sind oft nobler Ausdruck alles Besten, der verbreiteten Empfindungen. In der Vergangenheit waren diese immer mit den Überlegungen der Liturgie verknüpft und auf bestimmte Orte beschränkt, die genauestens vom liturgischen Gesang unterschieden waren, der etwas ganz anderes ist. Da wir nun verstanden haben, woran wir teilnehmen, können wir uns jetzt damit beschäftigen, wie wir daran teilnehmen.

Ganzheitliche Teilnahme

Wie sollten wir Teilhabe dann verstehen? Müssen wir der Teilnahme durch singen große Bedeutung zumessen? Diese Frage fordert eine sachte Untersuchung und konzentrierte Aufmerksamkeit.

Wie gerade gesagt, ist die Teilnahme durch singen sicherlich wichtig, aber wir müssen verstehen, was „Teilnahme“ heißt, wobei eine ausgewogene Meinung zwischen verschiedenen sich bekämpfenden Parteien eingenommen werden muss. Es ist einfach zu sehen, dass „Partizipationalismus“, den wir oben genannt haben, ein völlig falsches Verständnis von Teilnahme war, insofern gemeint war, dass jeder alles machen muss und das Teilnehmen auf das „etwas tun“ beschränkt war. Teilnahme als ein „körperlicher Akt“ bietet einen sinnleeren Gehalt dieses Begriffs, wie der gute Romano Amerio sagen würde. Wenn wir das annähmen, dann müssten wir zustimmen, dass jeder, der an einem Konzert teilnehmen will, nicht daran teilnimmt, wenn er kein Instrument spielt oder sing; oder jemand der einen Film schaut, nicht daran teilnimmt, wenn er den Dialog nicht spricht usw. Darum ist Teilnahme sicherlich eine innere Haltung derjenigen, die teilnehmen, was nicht schwer zu verstehen ist. Aber es gibt auch einen Fehler im extremen Gegenteil. Dieser Fehler wurden von jenen begannen, die sich von der Ganzheit der Teilnahme ablösten und sie rein als inneren Akt verstehen, das zwar bei Konzerten und Filmen verständlich ist (bei denen der Zuschauer an der Aufführung durch Zuschauen teilnimmt), aber weniger verständlich und wünschenswert ist, wenn es um einen mystischen Vollzug des heiligen Messopfers geht.

Wir sind nicht nur Zuschauer, die willentlich an dieser oder jener Art der Vorstellung „teilnehmen“ oder assistieren. In der Messe sind wir dazu berufen – würde ich sagen – als Glieder des mystischen Leibes Christi an den Geschehnissen teilzunehmen. Unsere Teilnahme ist in diesem Fall ganzheitlich, und verlangt innere Zustimmung und einen Akt der Teilnahme des ganzen Menschen (innerlich wie äußerlich). Niemand hegt einen Zweifel, dass die innere Teilnahme der äußeren Teilnahme vorangeht. „Jenen die auf mehr „Teilnahme“ an der Messe bestanden antwortete Evelyn Waugh: ‚Teilnahme‘ an der Messe bedeutet nicht, seine eigene Stimme zu hören. Es bedeutet dass Gott unsere Stimme hört. Nur er weiss, wer an der Messe ‚teilnimmt‘“ (Thomas E. Woods, Sacred Then and Sacred now. The return oft he Old Latin Mass, 2008, S. 77). Trotzdem ist dieser Vorgang eher zeitlich als qualitative, beide sind wichtig für eine richtige Teilnahme an der Messe.

Teilnahme im Sinn der Päpste des 20. Jahrhunderts

Dies gesagt, und in Verbindung mit dem gesunden Menschenverstand, müssen wir dem zustimmen, was die Päpste von uns verlangt haben: dass eine äußere Teilnahme kultiviert werden muss. Diese äußere Teilnahme bedeutet beispielsweise dem Priester zu antworten, aber auch durch Singen an einigen Teilen teilzunehmen. Diese Forderung ist nicht einfachhin Ergebnis der liturgischen Reformen, die dem Zweiten Vatikanum folgten, sondern wurden bereits feierlich von den vorkonziliaren Päpsten erbeten. Die Bitte, sich aktiv an der Quelle der Liturgie zu laben, stammte bereist von Pius X., der in seinem Motu Proprio über die Sakralmusik vom 22. November 1903 fordert: „Wir sind erfüllt mir brennendem Wunsch einen wahrhaft christlichen Geist in jeder Form blühen und von allen Gläubigen gelebt zu wissen. Trotzdem erklären wir es für nötig, vor allem anderen für die Heiligkeit und Würde dieser Kirche, in der die Gläubigen sich aus keinem anderen Grund versammeln als den Geist in seiner besten und unvergleichlichsten Weise aufzunehmen, die Würde der Teilnahme an den heiligsten Geheimnisses in öffentlichem und privatem Gebet der Kirche hervorzuheben.“

Pius XI ist noch ausdrücklicher, wenn er über diesen Punkt in Divini Cultus Sanctitatem vom 20. Dezember 1928 schreibt, wo er feierlich bestätigt: „Damit die Gläubigen aktiver in der göttlichen Liturgie teilnehmen können, ermutigt sie einmal mehr den gregorianischen Choral zu singen, insofern sie daran teilnehmen können. Es ist sehr wirchtig, dass die Gläubigen an den heiligen Zeremonien teilnehmen, oder wenn Bruderschaften mit dem Klerus in Prozession ziehen. Sie sollten nicht schweigende reine Zuschauer werden, sondern – erfüllt von einem tiefen Wunsch den Sinn der Schönheit der Litugie zu verstehen – abwechseln mit dem Klerus oder dem Chor singen, wie es vorgeschrieben ist. Wenn das getan wird, dann wird es nicht länger so sein, dass die Gemeinde keine Antwort gibt auf die Gebete – die entweder auf Lateinisch oder in der Landessprache gesprochen werden – oder die Antworten nur ganz leise von sich geben.“ (IX) Die Wege der Teilnahme, die die Päpste vorschlagen kann besser in den folgenden Zeilen von Pius XII. verdeutlicht werden:

In Mediator Dei (1947) erklärt er uns – und es lohnt sich das nochmals zu lesen – dass Anbetung eine innere und eine äußere Dimension hat, während die innere Dimension Vorrang zur äußeren genießt: „Äußerlich, weil es so das Wesen des aus Leib und Seele zusammengesetzten Menschen verlangt; dann weil es von Gott so gefügt ist, dass „dieweil wir Gott mit leiblichem Auge erkennen, er in uns die Liebe zum Unsichtbaren entflammt“; ferner liegt es in unserer Natur, dass alles Seelische sich sinnenhaften Ausdruck gibt; weiterhin ist die Gottesverehrung nicht nur Sache der Einzelnen, sondern ebenso der menschlichen Gemeinschaft und muss deshalb sozialen Charakter tragen, was sie nicht kann, wenn nicht auch der Bereich des Religiösen äußere Bindungen und Kundgebungen kennt. Endlich offenbart das Sinnenfällige in besonderer Weise die Einheit des mystischen Leibes und stellt sie ins rechte Licht, spornt dessen heiligen Eifer an, stärkt seine Kraft und erhöht sein Wirken.“ (231) Dieses äußerliche Element wurde von der liturgischen Erneuerung im ganzen 20. Jahrhundert aufgenommen und ermutigt, bereits vor den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Lassen Sie uns auch nicht vergessen, dass Pius XII. in Musicae Sacrae Disciplina vom 25. Dezember 1955, den Nutzen voll Volkshymnen in der Liturgie ermutigt, wenn dies der Teilnahme der Gläubigen an der Messe helfen sollte, wobei er den liturgischen Gesang immer vom Volksgesang unterschied: „Wie wir bereits in der Vergangenheit sagten, gibt es neben den Elementen, die zutiefst mit der heiligen Liturgie der Kirche verbunden sind, religiöse Hymnen, die ihren Ursprung aus dem liturgischen Gesang selber nehmen. Die meisten von ihnen wurden in der Sprache der Menschen verfasst. Weil sie eng mit der Mentalität und dem Temperament der verschiedenen Länder verknüpft sind, unterscheiden sie sich stark untereinander, ihrem Charakter der jeweiligen Nationalität und Volks gemäß. Wenn Hymnen dieser Art geistliche Frucht und den Christen Vorteil bringen sollen, dann müssen sie in voller Konformität mit der Lehre des katholischen Glaubens stehen. Sie müssen auch Lehre richtig ausdrücken und ausdrücken. Dergleichen müssen sie auch einfacher Sprache und einfachen Melodien bestehen und frei sein von unpassendem oder eitlem Exzess an Worten. Neben der Tatsache, dass sie kurz und einfach sein müssen, sollten sie durch geistliche Würde und Ernsthaftigkeit ausgezeichnet sein. Wenn auf diese Weise heilige Lieder geschrieben werden, werden sie aus den tiefsten Empfindungen der Seele der Menschen geformt, zutiefst bewegt von Emotionen und durchgeistigt und wecken so geistliches Empfinden. Wenn sie während religiösen Riten gesunden werden, und eine Vielzahl von Menschen als Einheit singt, dann sind sie mächtige Instrumente, um die Gedanken der Gläubigen auf höhere Dinge zu richten. Wie ich oben beschrieb, können solche Hmynen nicht in feierlichen Hochämtern gesungen werden, ohne ausdrückliche Erlaubnis des Heiligen Stuhls. Trotzdem können sie gerade in weniger feierlichen Messen ein wirksames Instrument darstellen, die Gläubigen an dem Heiligen Opfer teilhaben zu lassen, und nicht als stumme und und träge Masse zu lassen. Sie können helfen, die Gläubigen beides, geistig und stimmlich, zu begleiten und ihre eigene Sammlung mit den Gebeten des Priesters zu vereinen. Dies geschieht, wenn diese Hymnen bestens auf die einzelnen Teile der Messe abgestimmt werden, wie ist zu unserer großen Freude in einigen Teilen der Welt der Fall ist.“ (63-64)

Äußere Teilname – damit ist auch das Singen gemeint – ist sicherlich keine nachkonziliare Erfindung, selbst wenn es oft auf unangebrachte und subversive Weise instrumentalisiert wird. Nun kann es keineswegs geleugnet werden, dass es Autoren gibt, die die Unterschiede des Teilnahmegedankens zwischen vorkonziliaren und nachkonziliaren Dokumenten bemängeln (Grillo, Beyond Pius V. Conflicting Interpretations oft he Liturgical Reform, 2013), aber ich glaube, dass selbst diese zugegebenen Unterschiede nicht den Kernpunkt dieser Stellungnahme entkräften: Der Begriff der Teilnahme, auch der Gesangt, wurde selbst von den vorkonziliaren Päpsten feierliche bestätigt.

Vorschläge für eine größere musikalische Teilnahme an der außerordentlichen Form

Nun ist es möglich, an der außerordentlichen Form des Römischen Ritus teilzunehmen? Selbst hier gibt es Wege und Möglichkeiten und es gibt Regeln, die auf die ordentliche und außerordentliche Form zutreffen: Teilnahme muss kultiviert, gelehrt und ermutigst werden. Das Volk, besonders in den Ländern mit weniger Tradition des Singens der Gemeinde, sind nicht automatisch. Ernsthafte liturgische Bildung ist für jeden Menschen notwendig, und wird von allen päpstlichen Dokumenten der letzten hundert Jahre verlangt. Viele denken, dass wenn die Menschen sängen, das große traditionelle Musikrepertoire der Kirche verloren gehen würde, aber das ist ein Trugschluss. Es gibt so viel Platz für Singen in der Feier, dass es reichlich Raum für chorale Polyphonie oder Gregorianischen Choral und Gemeindegesang gibt.

Eine weit verbreitetsten Haltungen unter den Menschen, die an der außerordentlichen Form teilnehmen, ist leider ein Fehlen, kreativer Ermutigung an der alten Messe teilzunehmen. Manchmal bekommt man den Eindruck, dass viele gut gesinnte Gruppen ihren gepflanzten Samen einfach zu wenig Wasser geben, zwar zusehen, dass er nicht stirbt, aber ihn trotzdem am Wachstum hindern. Das Ziel ist es aber eigentlich für die Saat neue Blüten zu tragen, auch neue musikalische Blüten. Es ist möglich den Gemeindegesang mit der Polyphonie des Chors zu verbinden, sie abwechselnd singen zu lassen. Es bleibt dem Genius des Musikdirektors vorbehalten diese neuen Formen organisch zu einer Einheit zu binden, mithilfe seiner traditionellen musikalischen Weisheit.

Ich kann viele Beispiele geben, aber ich denke, dass der Nutzen der traditionellen Formen es erlaubt, neue Elemente zu schöpfen, denn das war immer im Sinn des Liturgieverständnisses der Kirche. Lassen Sie uns beispielsweise vom Ordinarium Missae ausgehen. Ich wiederhole, dass dies in keinster Weise im Widerspruch zum traditionellen Repertoire steht, das immer den Platz in der Feier haben soll und muss, sondern das auch fruchtbar darin sein muss, neue Erfahrungen zu schaffen, wie es in der gesamten liturgischen Geschichte der Kirche immer der Fall war. Es gibt viele verschiedene Messe mit gregorianischem Choral, die vor und nach dem Konzil komponiert wurden. Einige sind von außerordentlicher Fertigkeit und zeugen von höchstem liturgischem Niveau. Die Idee zwischen Chor und Gemeinde abzuwechseln könnte ein Weg sein, den Nöten der Polyphonie zu genügen und den Volksgesang mitaufzunehmen. Es braucht viel Diskussion, wie diese Abwechslung verwirklicht werden kann, und trotzdem die liturgischen Texte geschützt werden. Selbst in jüngster Zeit gab es Versuche dieser Art, die vortrefflichsten Ergebnisse erzielten.

Viele der Messe in alternatim nutzen die Missa de Angelis, da es die bekannteste Messe ist. Man kann aber auch andere Ordinarien nutzen und neue Werke komponieren, und so den Schatz des Repertoires zeigen; oder man könnte ganz neue Messe komponieren (die nicht auf bereits bestehenden Melodien aufbauen), die abwechselnden Gesang von Chor und Gemeinde vorsehen und auch das Spiele von Musikinstrumenten, besonders der Orgel. Bereits vor dem Konzil gab es diese Initiativen und sie können nun mit mehr Ressourcen und mehr Bewusstsein befruchtet werden.

All dies bleibt uns in der actio sacra anvertraut und erlaubt es uns die immer alte und immer neue Weisheit der Jahrtausende neu zu entdecken.

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