Brief 48 veröffentlicht am 25 Juni 2014

JOHANNES XXIII.: EIN NEUER PATRON FÜR DAS TRADITIONELLE MISSALE

Papst Franziskus hat am vergangenen 27. April 2014 die Päpste Johannes Paul II. und Johannes XXIII. heilig gesprochen. Die Diskussionen rund um diese Heiligsprechungen waren überall zu hören, da Johannes XXIII. der Papst war, der das Zweite Vatikanische Konzils einberief, dessen Früchte – im Rückblick 50 Jahre danach – ganz anders sind, als man sich ursprünglich vorgestellt hatte. Es ist die Berufung von Paix Liturgique, wie der Name schon sagt, wesentlich liturgisch zu argumentieren (aber nicht irenäisch, denn der Hintergrund ist die traditionelle Messe und ihre weitmöglichste Verbreitung als Rückgrat der Erneuerung der Kirche und ihrer missionarischen Ausbreitung), darum werden wir nicht in die theologische Debatte einsteigen. Wir möchten nur unsere Freude über die Heiligsprechung des Papstes ausdrücken, der wir die letzte Ausgabe des Missales verdanken, das uns durch das liturgische Jahr hindurch begleitet.


I – JOHANNES XXIII. ERBE EINES HYPER-TRADITIONELLEN GLAUBENSVERSTÄNDNISSES

„Die Erinnerung an Johannes XXIII. ist sehr problematisch“, gestand der französische Journalist Jean Mercier in La Vie am 22. April 2014. „Johannes XXIII. einen ‚Progressisten-Papst‘ zu nennen kommt einer unverschämten Vereinfachung gleich“, fügte er hinzu. „Er wurde in einer armen Familie in Bergamo, Norditalien, 1881 geboren. Angelo Roncalli erbte von dort eine hyper-traditionalistische Weltanschauung des Glaubens, die er bis zu seinem Lebensende behielt. Sein Vorbild war Pius X. der für seine zähe Haltung des Antimodernismus bekannt war. In seinem Tagebuch schüttet Roncalli sein Herz darüber aus, wie man die Würde des Tridentiner Konzils beibehalten müsse und lobt Abtötung und Opfergeist. Vor seinem Tod opferte er sich selbst Gott auf, in einer Geste, die zu seiner Zeit sehr verbreitet war: „Der Altar will ein Opfer: hier bin ich!“ Man mag vielleicht darüber lächeln, wenn man bedenkt wie er reagiert hätte, würde er mit den Herausforderungen für die Autorität in der Kirche im Jahr 1968 oder einigen avant-guarde Elementen der Katechese und der liturgischen Experimente der 70er Jahre konfrontiert werden…“

In seinem italienischen Tagebuch Libero, erinnert sich Andrea Morigi noch nachdrücklicher als Jean Mercier an Roncalli und widmet ihm einen Artikel, dem „Johannes XXIII., den die Traditionalisten mögen.“ Er erinnert sich an einen Moment aus dem Leben Johannes XXIII., den er in seinem Tagebuch während seiner Zeit als Nuntius in Paris festhielt: „Ich bin in Saint-Séverin in die Messe gegangen. Dort habe ich mir eine Erkältung eingefangen. Die Musik dort ist jetzt viel besser geworden, aber die Messe zum Volk hin ist ein ernster Verstoß gegen das liturgische Recht. Der Kanon wurde laut vorgelesen und nicht secreto, wie es die Rubriken vorsehen…Ich habe den Pfarrer bezüglich der liturgischen Missbräuche in der Pfarrei gewarnt und ich denke, dass sie ein Ende finden werden. Oh die Sorge, die einem diese Hitzköpfe und Exzentriker bereiten!“ Wenn man über diese Anekdote aus dem Jahr 1951 nachdenkt, dann hat man genug Stoff, um über die Qualität der liturgischen Bildung vor dem Konzil zu urteilen und über die Haltung des zukünftigen Papstes bezüglich der möglichen liturgischen „Verheutigung“.

Ganz ähnlich wie Papst Franziskus genoss Papst Johannes XXIII. den Ruf des „Guten Papstes“ in den Medien, denen gemäß er frischen Wind in die Moderne der Kirche bringen sollte. Wirklichkeit war, dass Papst Roncalli „im Herzen sehr konservativ war“, wenn man die Worte Kardinal Oddis gebrauchen will, sein Mitarbeiter in der Pariser Nuntiatur. In seinem Artikel erwähnt Andrea Morigi, dass 1959 Johannes XXIII. darauf insistierte, die Heilige Woche nach den Rubriken der liturgischen Bücher vor der Reform seines Vorgängers Pius XII. zu zelebrieren. Er wusste, dass diese Reform die Unterschrift von Annibale Bugnini trug, dem zukünftigen Autoren der Reform Paul VI. und man braucht nicht viel Einbildungskraft, um sich vorzustellen, was Johannes XXIII. von den Liturgiereformen der 70er Jahre gehalten hätte!

Etwas anderes: Johannes XXIII. „entwickelte“ sein Begriff eines zurückgehaltenen Priestertums nicht wegen des Arbeiter-Priester Experiments. Er war es, nicht Pius XII., der entschied, diesem Experiment 1959 einen Schlussstrich zu setzen. Gleichermaßen war er es, und nicht Pius XII., der Teilhard de Chardin’s Rückfall in einem Monitum vom 30. Juni 1962 verurteilte. Er war es auch, der die Gelegenheit ergriff, zum 70. Jubiläum von Rerum Novarum die Grundlage der kirchlichen Soziallehre mit der Enzyklika Mater et Magistra in Erinnerung zu rufen.

Neben dem brillanten Latinisten Msgr. Felici in seiner Gefolgschaft, und seinem Freund Kardinal Antonio Bacci, widmete er sich ganz der Rückkehr des Lateins als die kirchliche Muttersprache, besonders das großartige Latein, das die Spätantike der Kirche Roms als liturgische Sprache vermachte und das sich vom ciceronischen Latein unterschied. Dahingehend unterschrieb er am 22. Februar 1962, dem Fest des Stuhles Petri, öffentlich die Apostolische Konstitution Veterum Sapientia. Er tat dies nicht rein als Papst, wie es üblich ist, sondern auf dem Grab des hl. Petrus in der Anwesenheit aller Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe in Rom und mit der Feierlichkeit, die normalerweise nur einer Dogmenverkündigung zukommt. Diese Konstitution erinnerte an den zentralen Platz des Lateins, an seine Würde und den heiligen Charakter, den es durch den Nutzen der Kirche über die Jahrhunderte hinweg erhalten hat. Johannes XXIII. ging soweit zu entscheiden, dass das Latein einmal mehr als die Sprach der kirchlichen Lehrunterricht aufleben soll, nicht nur in römischen Universitäten, sondern auch in Seminaren auf der ganzen Welt. Diese Strategie war dazu verurteilt in die Segel der konziliaren Reform zu blasen, denn das Scheitern dieses Plans hat bis heute dramatische Auswirkungen.




II – DER PAPST DES SUMMORUM PONTIFICUM MISSALES

Allem voran ging es Johannes XXIII. darum, eine neue „editio typica“ (Standardwerk) des tridentinischen Missales von Pius V. (1570) zu veröffentlichen, sowie dem tridentinischen Brevier von Pius V. (1569). Das Motu Proprio Rubricarum Instructum vom 25. Juli 1960 erließ den neuen corpus der Rubriken für das römische Brevier und Missale. Die sehr leichten Veränderungen des Missales bezogen sich fast ausschließlich auf die Kollekte und die Offertorien, sowie die Klassifikation von Festen. Am Ritus selber waren die Vereinfachungen des zweiten „Confiteor“ vor der Kommunion und die Standardisierung des missus (Entlassungsformel) sichtbar. Seitdem sollte es fast immer Ite Missa est heißen. Die mehr als moderatere – man könnte von minimal sprechen – Natur der Änderungen von Johannes XXIII. war offensichtlich. Er fügte außerdem in seiner Frömmigkeit die Erwähnung des hl. Josef im Kanon hinzu.

Natürlich kann das Pontifikat Roncallis nicht auf diese Haltungen alleine beschränkt werden. Andere Zeichen wiesen in eine andere Richtung. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass sie trotzdem „konservative“ Haltungen (im besten Sinne des Wortes) blieben.

Wir sollten vor allem nicht vergessen, dass die Ausgaben des Breviers und des Missale, die er erlassen hatte, die offiziellen Bücher des liturgischen Motu Porrpio von Benedikt XVI. vom 7. Juli 2007 waren, und niemals abgeschafft waren. Papst Roncalli erlaubte die zukünftige Beibehaltung eines Missale, das außer in einigen Details praktisch mit dem des 16. Jahrhunderts identisch ist, einem Missale, dessen Struktur und Formeln zuerst im 6. Jahrhundert, wenn nicht früher, entstanden sind; einige gehen auf das vierte Jahrhundert zurück.

Papst Roncallis resolute konservative Reform zeigt deutlich, dass die Kirche in Rom an der Unantastbarkeit der Messe festhielt: es war ihr liturgisches Credo. Wir danken, dass es notwendig ist, Papst Johannes dafür zu danken und wir bitten den neuen Heiligen um seine Fürsprache bei Gottvater, der Kirche bleibenden liturgischen Frieden zu schenken.



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