Brief 37 veröffentlicht am 31 Juli 2013

ALTE LITURGIE ZUERST IN DER BISCHOFSKATHEDRALE: ERZBISCHOF SAMPLE ALS VORBILD


Der internationale Kongress „Sacra Liturgia 2013“, der vom 25. – 28. Juni in Rom stattgefunden hat, gab neben Liturgiegelehrten, Medienspezialisten und Theologen, Priestern, Ordensleuten und Laien auch drei Bischöfen die Möglichkeit, ihren Beitrag zur Diskussion rund um Liturgie und Liturgiereform zu leisten. Einer davon war Erzbischof Alexander Sample, bis vor kurzem Bischof von Marquette in Michigan (USA) und jetzt Erzbischof von Portland, Oregon (USA). Anlass für seinen Rombesuch war neben seiner Teilnahme am Kongress auch der feierliche Empfang des Palliums für die Metropolitbischöfe aus den Händen von Papst Franziskus am vergangenen Samstag, dem Hochfest der hl. Petrus und Paulus. Die reiche Erfahrung, die er in seiner Diözese bereits sammeln konnte, half ihm, während seines Vortrags „Der Bischof: Leiter, Förderer und Hüter des liturgischen Lebens der Diözese“ tiefe Einblicke in das Leben eines Bischofes zu ermöglichen.

Erzbischof Samples Beitrag stellte zunächst die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils vor, die mit der Rolle des Bischofes in Verbindung stehen. Anschließend sprach er über die Umsetzung dieser Richtlinien in der Praxis des Bischofs in seiner Diözese mit besonderem Bezug der drei „munera“, nämlich, des Heiligens, des Lehrens und des Leitens seiner anvertrauten Herde.

Er wies zunächst darauf hin, dass die Konferenz innerhalb des Jahres des Glaubens und im Jahr des 50. Jahrestages der Konzilseröffnung durch Papst Johannes XXIII. stattfindet. Daher sei es angebracht, die Konzilstexte mit neuem Eifer zu studieren, wie es Papst em. Benedikt XVI. mehrfach gewünscht habe.

In den Konzilsdokumenten werde der Bischof häufig Hohepriester und höchster Hirte der ihm anvertrauten Herde genannt. Obwohl seine Aufgabe in der Liturgie nicht ausdrücklich untersucht werde, werde doch implizit auf die Bedeutung der bischöflichen Liturgie als Beispiel gebend hingewiesen, vor allem aus die in der Bischofskathedrale zelebrierte. Für die Priester der Diözese und Laiengläubige sollte sie beispielhaft sein und eine liturgische Praxis in die einzelnen Pfarreien tragen, in der Treue zu den kirchlichen Normen und das Bewusstsein der Bedeutung der Schönheit im Gotteskult lebendig sei.

Sample zitierte hier Lumen Gentium 26, wo erklärt wird, dass dem Bischof „die Pflicht übertragen ist, den christlichen Gottesdienst der göttlichen Majestät darzubringen und zu betreuen, gemäß den Geboten des Herrn und den Gesetzen der Kirche, die durch seine besondere Verfügung für die Diözese näher bestimmt werden.“ Das Dekret „Christus Dominus“, über die Hirtenaufgabe der Bischöfe, erläutere diese Rolle durch die dreifache Aufgabe der Leitung, der Förderung und der Sorge um das liturgische Leben in der Diözese, drei Aspekten der Hirtenaufgabe zur „Heiligung“ seiner anvertrauten Herde.

Auch im Kanonischen Recht werde ausdrücklich gefordert, dass der Bischof „die Einheit der universalen Kirche wahren“ und „Vorsicht anbringen muss, damit sich keine Missbräuche in die kirchliche Disziplin einschleichen, besonders bezüglich des Dienstes am Wort Gottes, der Zelebration der Sakramente und Sakramentalien und der Anbetung Gottes“. Des Weiteren sei seine Aufgabe, sicherzustellen, dass Priester, Diakone und Laien immer tiefer in das Wissen um die Bedeutungen, Riten und liturgischen Texte eindringen. Um dies zu erreichen, müsse die Würde der Zelebrationen durch die Schönheit des heiligen Raums, der Musik und der Kunst gefördert werden.

Erzbischof Sample ortete in dem Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe eine der gewichtigsten Aufforderungen an die Bischöfe (142): „Der Bischof muss insbesondere die Verantwortung für den Gottesdienst als seine ureigene Amtsaufgabe betrachten und im Hinblick auf diese Aufgabe übt er auch die anderen Aufgabenbereiche als Lehrer und Hirte aus. Obgleich die Funktion der Heiligung ihrer eigenen Natur nach eng mit den Diensten der Lehre und der Leitung verbunden ist, unterscheidet sie sich dadurch, dass sie in besonderer Weise in der Person Christi, des höchsten und ewigen Priesters, ausgeübt wird, und sie stellt den Höhepunkt und die Quelle des christlichen Lebens dar.“ Der Bischof handle „in persona Christi capitis“, besonders in der Liturgie.

Nach der überzeugenden Zusammenfassung der für die Liturgie wesentlichen Punkte aus der Fülle der Konzils- und Lehramtstexte leitete Sample zur praktischen Umsetzung der Bischofsverantwortung in der Liturgie über, wo auch seine eigenen Erfahrungen während seines Dienstes in Marquette mit einflossen.

Wie in den Konzilstexten gefordert, habe der Bischof seine Diözese zu „heiligen“ (munus sanctificandi), indem er durch sein Beispiel die Liturgie seiner Diözese ausrichte und ihr Orientierung gebe. Seine Liturgie müsse „durch Vorbild lehren“. Vielen Personen, die Missbräuche in der Liturgie begehen, werde das Argument geliefert: „Wir haben es aber in der Kathedrale so gesehen“. Unangemessene Bischofsliturgien seien leider häufiger, als man es sich eingestehe. Sample wünschte sich für seine Diözese, dass die Gläubigen seinem Beispiel folgend verkündeten: „Ja, so macht das der Bischof“, was für ihn die größte Freude wäre.

Da der zweite Aspekt, die lehrende Funkt des Bischofes Teil seiner Pflicht (munus docendi) sei, leite er die liturgische Erneuerung seine Diözese selber. Heute müsse man den Priestern und Laien die liturgischen Normen überhaupt erst erklären und näher bringen. „Ich glaube, dass ein wesentlicher Teil des Problems der Liturgie heute von einem allgemeinen fehlenden Verständnis herrührt, was die Liturgie überhaupt ist“, so Sample. Um die Botschaft zu verkünden, solle sich der Bischof aller Mittel bedienen, seiner Gremien, der Veröffentlichungen seiner Diözese und dem Internet wie auch der Diözesanwebseite. Gleichzeitig sei keine Veränderung über Nacht zu erwarten. Vielmehr müsse man sich auf Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte guter Katechese einstellen.

Drittens übe der Bischof das „munus regendi“, die leitende Funktion aus. Zunächst dürfe er selber die liturgischen Normen nicht brechen und müsse Missbräuche abstellen, immer mit Geduld und Verständnis. Dann liege in der Verantwortung des Bischofs, sicher zu gehen, dass die liturgischen Normen von Seiten seiner Priester eingehalten würden. „Gute Liturgie beginnt mit der unerschütterlichen Treue zu den Normen der kompetenten Autoritäten.“ Um diese Treue sicherzustellen, sollte man immer wieder die liturgischen Missbräuche ansprechen. Oft sei es nicht ein willentliches Versagen, sondern einfach ein falsches Bewusstsein oder Unwissenheit von Seiten der Gläubigen oder der Priester. Ein praktisches Beispiel könne das Verfassen eines Diözesanbriefes sein, in dem man die Liturgie seine Diözese thematisiere und zu einer besseren Katechese in liturgischen Fragen auffordere, um dann praktische Richtlinien, zum Beispiel für die Kirchenmusik, aufzustellen.

Als letzten Punkt wies Bischof Sample darauf hin, dass die außerordentliche Form, der „usus antiquior“, ein fruchtbares Gegengift für falsche Praktiken sei. Durch ein wachsendes Verständnis für diese ältere Form des römischen Ritus sei eine „Reform einer Reform“ möglich, die Papst em. Benedikt XVI. sich gewünscht hatte. Wenn die ordentliche Form sich neu an den Konzilstexten orientieren solle, dann brauche sie einen Kompass und ein Leitbild. Dieses Leitbild sei der usus antiquior. Bischöfe hätten sich mit der außerordentlichen Form vertraut zu machen, um eine wirkliche Erneuerung der Kirche herbeizuführen.

Er selber habe beide Formen des römischen Ritus in seiner ehemaligen Diözese zugelassen und es sich als Hirte seiner Herde herausgenommen, „vor der Einsetzung der Messorte für die außerordentliche Form selber in meiner Kathedrale als erster zu zelebrieren“.




Erzbischof Sample in Rom, während der Konferenz "Sacra Liturgia".




Interview mit Erzbischof Sample

PL: Sind die Menschen in den USA der außerordentlichen Form gegenüber ideologisch eingestellt? Unterscheidet sich die Situation von Europa?

Erzbischof Sample: „Es ist mein Gefühl – und dies sage ich natürlich, obwohl ich hier nicht lebe, aber dennoch einen Eindruck dadurch bekommen habe, was ich in dieser Konferenz gehört habe – dass es eine größere Offenheit in den USA bezüglich der außerordentlichen Form gibt. Viele mögen sie vielleicht nicht und wollen sie nicht, aber ihre Einstellung ist etwas gelassener und sie akzeptieren sie. Auch wenn es nicht einfach ist. Ich denke, dass die Menschen, die ich hieri Europa getroffen habe, größere Probleme mit der außerordentlichen Form in ihrer Diözese haben, als es oft in den USA der Fall ist.

PL: Ist Ihrer Meinung nach die Umsetzung des Motu Proprio von Benedikt XVI. in ihrer alten Diözese Marquette korrekt vonstatten gegangen?

Erzbischof Sample: Ich würde sagen: Ja. Als die Menschen danach gefragt haben, hat der Bischof, ich, es ihnen zur Verfügung gestellt. Wir hatten drei Pfarreien in dieser eher ländlichen Diözese, in der die außerordentliche Form gefeiert wurde. Es erwuchs aus einer ersthaften Nachfrage der Menschen. Bei meiner Lektüre des Motu Proprio habe ich verstanden, dass der Heilige Vater vom Bischof wünscht, mit seinen Gläubigen im Hinblick darauf sehr großzügig umzugehen. Dies habe ich versucht, in meiner letzten Diözese umzusetzen. In meinem neuen Standort in Portland, wo ich erst seit drei Monaten bin, muss ich erst einen Sinn für die Nachfrage bekommen, ob es dort Gläubige gibt, die die außerordentliche Form wünschen.

PL: Wie kann liturgischer Friede erreicht werden?

Erzbischof Sample: Das ist eine gute Frage. Es scheint oft, dass wir Kriege um die Liturgie verfechten, oder nicht? Es ist meine Erfahrung während fast meines gesamten Priesterdaseins und selbst schon im Seminar, dass die Sache, die uns am meisten bedeuten sollte, diejenige ist, die uns spaltet. Das ist wirklich traurig. Ich glaube, es drückt als große Last auf dem Herzen unseres Herrn, um mit anthropologischen Worten zu sprechen, dass das größte Geschenk, das er uns hinterlassen hat, er selbst nämlich in der Eucharistie, ein Grund für Spaltungen zwischen seinen Nachfolgern ist, selbst in der katholischen Kirche. Liturgischer Friede für alle ist, dass alles, was die Kirche uns schenkt, angenommen wird, in all seinen Formen. Ob es nun auch die außerordentliche Form ist, wir sollten es akzeptieren. Wie der Heilige Vater auch im Motu Proprio und in der Instruktion Universae Ecclesiae erklärt hat, wird es die außerordentliche Form bleiben und die ordentliche Form wird die ordentliche Form bleiben. Wenn wir all das, was die Kirche uns schenkt, akzeptieren, dann werden wir liturgischen Frieden erreichen. Wenn wir uns zu sehr an unsere Vorlieben und unseren eigenen Geschmack ketten, dann verlassen wir den richtigen Weg.