Brief 25 veröffentlicht am 14 Mai 2012

Frankreich: Während die Berufungskrise weitergeht, setzt sich der Trend zur Tradition fort

Vor einiger Zeit Jahres veröffentlichte die Französische Bischofskonferenz (CEF: „Conférence des Évêques de France“) die Resultate einer „Studie über die Situation der Priesteramtskandidaten , 15. November 2011“. Sie bestätigen die kritische Situation der diözesanen Berufungen in Frankreich und lassen keine Verbesserung der Lage in der nahen Zukunft erwarten. Diesen Monat präsentieren und kommentieren wir diese Resultate und vergleichen sie mit den Daten, die wir in Instituten sammeln konnten, die sich auf die außerordentliche Form des Römischen Ritus spezialisieren.


A – Zahl der studierenden Seminaristen in französischen Diözesen auf historischem Tiefstand

1) Zulassung an diözesanen Seminaren

Die Studie der Kommission für geweihte Amtsträger und Laien in kirchlicher Mission umfasst alle Kandidaten für das Priesteramt in der Ausbildung auf allen Ebenen der Philosophie und Theologie in französischen Seminaren. Wie bereits im letzten Jahr gab es einen dreiprozentigen Rückgang der Priesteramtskandidaten (von 732 am 15. November 2010 auf 710 am 15. November 2011).
Um diese Daten über einen längeren Zeitraum hinweg beurteilen zu können, muss man sich in Erinnerung rufen, dass die Einschreibungszahl im Jahr 1966 beim Ende des Konzils 4.536 betrug; 1.297 im Jahr 1975 während der explosiven Jahre der liturgischen Reform; 1.103 im Jahre 1996 während des Pontifikates von Johannes Paul II.; im Jahr 2005, dem Wahljahr Benedikts XVI. 784 und heute 710.
Damit besteht ein 85-prozentiger Rückgang seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und nichts scheint diesen Trend stoppen zu können…zumindest solange die Perspektive für eine Erneuerung des Priestertums auf Pfarrebene ungünstig bleibt.
Um die genaue Anzahl der Priesteramtsanwärter der Diözesen Frankreichs (als Welt- oder Gemeinschaftspriester) festzustellen, müsste die Zahl 710 noch verringert werden, denn diese beinhaltet auch Seminaristen, die nicht für französische Diözesen vorgesehen sind; darunter beispielsweise die „Auslandsmission“-Seminaristen von Paris (25) und Seminaristen, die nach Abschluss ihrer Ausbildung und einigen Jahren Pfarrdienst in Frankreich in ihre Heimatdiözesen zurückkehren werden.
Auf der anderen Seite zählt die Studie die Seminaristen der „Communauté Saint-Martin“ (Gemeinschaft „Saint-Martin“) dazu (ungefähr 60), die praktisch alle für den diözesanen Dienst bestimmt sind. Man kann also die Zahl 710 als die reelle Anzahl der Diözesanberufungen bestehen lassen. Damit besteht die niedrigste Rate seit der französischen Revolution im Jahre 1789.

2) Priesterberufungen auf diözesaner Ebene

Die Studie der CEF behandelt auch die Priesterweihen. In diesem Bereich ist es allerdings schwierig, eine genaue Zahl widerzugeben.
Im Jahre 2010 kündigte die CEF 83 Weihen für Juni an, korrigierte diese Zahl aber im November nach oben auf 96.
Vermutlich wurden drei Weihen der Gemeinschaft „Saint-Martin“, zwei Weihen der „Communauté Saint Thomas à Becket“ und acht Weihen von Nicht-Ordensleuten der Ecclesia- Dei-Gemeinschaften mit einbezogen. Die Miteinbeziehung dieser sehr konservativen Profile (vor allem der acht Priester der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften, die explizit die außerordentliche Form wählen) ist ermutigend, denn eine solche Miteinbeziehung zu einer allumfassenden Statistik bestätigt die „Normalität“ dieser Berufungen. Dies bedeutet einen Schritt in die richtige Richtung; der nächste Schritt wäre, sie explizit zu erwähnen, anstatt sie verstohlen mitzuzählen.
Für das Jahr 2011 erklärte die CEF für den Monat Mai unklar: „Die Französische Bischofskonferenz zählt im Jahr 2011 111 Priesterweihen. 103 davon sind für die Diözesen Frankreichs bestimmt, fünf von ihnen gehören der Gemeinschaft ‚Emmanuel‘ an, sechs der ‚Auslandsmission‘ von Paris für die Kirche in Asien. Diese Zahl beinhaltet keine Mitglieder von Priesterbruderschaften oder –Kongregationen“.
Dies wären also fünfzehn Priesterweihen mehr als im Jahr 2010. Dennoch kann man nicht von einem Wachstum sprechen, denn die Anzahl der Diakone liegt im Jahr 2012 unter 80 (77 Diakone wurden im Jahr 2011 geweiht, um 2012 Priester zu werden). 2012 könnte also ein besonders mageres Jahr für Berufungen werden, selbst wenn man die Berufungen der Gemeinschaften mitzählt.


B – Eine fühlbare Bewegung zu einer traditionelleren Sensibilität hin

In einem immer mehr desaströsen Kontext (100 Priesterweihen pro Jahr gegenüber 800 Pensionierungen [1]), muss man sich doch, wie es auch die CEF-Kommission tut, wundern, dass die Zahl der Diözesanseminaristen, die sich mit der „Communauté de l’Emmanuel“ identifizieren, 38 beträgt, gegenüber lediglich 27 im Vorjahr. Sie ist wohl die konservativste unter den neuen Gemeinschaften.
Zu bedenken ist auch, dass die „Auslandsmission“ von Paris, die ihre Kandidaten per definitionem nicht für die französischen Diözesen ausbildet, von Frankreichs Berufungen profitiert.
Aber seit dem Führungswechsel dieser Gesellschaft und der Wahl von P. Georges Colomb zum Generaloberen – der ein viel orthodoxerer Katholik ist als sein Vorgänger – hat der Nachwuchs einen signifikanten Aufschwung bekommen.
Hervorgehoben werden muss auch die verbreitete Präsenz der Gemeinschaft „Saint-Martin“. Ihre Mitglieder tragen immer die Soutane, zelebrieren im Seminar von Candé die ordentliche Form auf Lateinisch, studieren Gregorianischen Choral und genießen eine thomistische Schulung.
Deren Mitgliedschaft expandiert in spektakulärer Weise: 60 in diesem Jahr gegenüber 43 im letzten Jahr (was auch mit der konstanten Stärkung der Präsenz dieser Gemeinschaft in den französischen Diözesen in den letzten Jahren einhergeht). Fast alle Bischöfe, auch die progressistischsten, begrüßen es, dass die Gemeinschaft in ihrer Diözese arbeitet. Was diese Kongregation, die unter der Schirmherrschaft von Kardinal Siris gegründet wurde, betrifft, scheint die Zeit ihrer Ausgrenzung nunmehr beendet zu sein.
Zwei Diözesanseminare belegen immer den Spitzenplatz der Liste, auch vieler interdiözesanen Seminare: das Seminar von Toulon und das von Paris, jedes mit über 70 Seminaristen und beide im Wachstum [2]. Natürlich ist dieses Wachstum für die Diözese von Fréjus-Toulon proportional viel bemerkenswerter als für Paris. Diese Resultate beruhen unzweifelhaft auf der Orientierung des Bischofs: Bischof Rey stammt aus der Gemeinschaft „Saint-Martin“ und ist der Neuevangelisierung und dem Motu Proprio „Summorum Pontificum“ gleichermaßen wohlgesinnt.
In Paris lagen die Einschreibungszahlen für die Pariser Seminare in ihrer besten Zeit unter Kardinal Lustiger über 100; sie sanken auf 54 im Jahre 2007 und sind jetzt wieder in einem erheblichen Anstieg begriffen (74 im Jahr 2011, wobei 62 aus Paris kommen). Es sollte dazu gesagt werden, dass sich scheinbar das Pariser Seminar nunmehr „allen Richtungen“ geöffnet hat, das heißt, auch den traditionelleren Postulanten, denen bisher geraten wurde, sich woanders umzuschauen.
Unter den „kleineren“ Diözesen sollte man nicht Vannes mit seinen über 30 Seminaristen vergessen und Bayonne, das mit über fünfzehn Seminaristen aus den Nähten platzt, während es im Jahre 2009 nur zwei hatte. In beiden Diözesen, Vannes (Bischof Centène) und Bayonne (Bischof Aillet, Ende 2008 ernannt), stehen die Bischöfe in vollem Einklang mit dem Pontifikat Benedikts XVI., was auch seine Auswirkungen auf die Dynamik der lokalen Berufungen zeigt.
Man kann ohne Übertreibung festhalten, dass die Proportion der französischen Diözesanseminaristen, die nach der Reform der Reform von Benedikt XVI. mit dem Motu Proprio trachten, bei 30 Prozent liegt.
Zu diesen Diözesanseminaristen müssen noch jene gezählt werden, die den Weg in die sogenannten traditionalistischen Seminare gewählt haben.


C – Der traditionalistische Pool

1) Folgende Kriterien verwenden wir bei unseren jährlichen Untersuchungen der traditionalistischen Seminaristen jeglicher Couleur

Wir nehmen nur Seminare von Gemeinschaften in unsere Berechnung auf, deren Dienst mit dem eines Diözesandienstes vergleichbar ist, d.h. wir lassen alle streng ordensgeprägten Gemeinschaften aus.
Wir lassen auch die Erstjahres-Seminaristen in ihrem „Spiritualitätsjahr“ aus, das dem ersten Studienjahr in den diözesanen Seminaren entspricht.
Wir unterscheiden zwei Kategorien: auf der einen Seite die Priesterbruderschaft St. Pius X und auf der anderen Seite die „offiziellen“ Traditionalisten im Ganzen (Ecclesia-Dei- Gemeinschaften und „außerordentliche“ Seminare, wie von ihren Diözesen außerhalb solcher Gemeinschaften unterstützt werden).
Während die traditionellen Gemeinschaften international sind und manchmal Pfarrstellen an Ausländer und ausländische Pfarrstellen an Franzosen übertragen, berücksichtigen wir nur die französischen Kandidaten dieser Gemeinschaften, um einen erkennbaren Vergleich mit den französischen Diözesankandidaten herzustellen.

2) Die Resultate unserer Untersuchung nach diesen Kriterien sind folgende

Die FSSPX zählt 49 französische Seminaristen (48 in Ecône, einer in Winona), d.h. genau so viele wie im letzten Jahr. Dies ist eine Proportion von einem Drittel der FSSPX-Kandidaten (150), in den vergangenen letzten Jahren ein konstanter Anteil. Dies scheint den Apostolaten der FSSPX in Frankreich der letzten zehn Jahre zu entsprechen: die Anzahl der Gläubigen ist im Moment nicht im Wachstum.
Die „offiziellen“ französischen Traditionalisten zählen 91 Seminaristen im Vergleich zu 95 im letzten Jahr, eine stabile Anzahl hinsichtlich aller Umstände. Hier wird die Stabilität damit begründet, dass die Anzahl der Pfarreien und Zelebrationen unter der Obhut von Priestern der Ecclesia- Dei-Gemeinschaften nur sehr, sehr langsam vorankam, was ihr priesterliches Wirken schwierig machte.
Insgesamt stehen also den Diözesanseminaristen 140 Kandidaten bei den Traditionalisten gegenüber, wobei 18 französische Priester für die außerordentliche Form des Römischen Ritus im Jahr 2011 geweiht wurden, 11 davon für die FSSPX (16 französische Priester wurden 2010 geweiht, davon 8 für die FSSPX).

3) Unser Kommentar zu diesen Ergebnissen

Aufgrund des Absinkens der „ordentlichen“ Seminaristen und der Stabilisierung der „außerordentlichen“, ist die Proportion zugunsten der „außerordentlichen“ langsam im Wachstum begriffen (ein wenig über 16 Prozent gegenüber ein wenig weniger als 84 Prozent).
Die reinen Zahlen zeigen nach einem kontinuierlichem Anstieg in vergangenen Jahren nunmehr Stabilität (die Anzahl der französischen Kandidaten zum Priestertum für den Tridentinischen Ritus betrugen 2005 - 120, 2007 - 130, 2008 - 136, 2009 - 140, 2012 - 144 und 2011 - 140), was der sehr langsamen Zunahme der Anzahl von Zelebrationen in der außerordentlichen Form entspricht.
Ist es nicht so, dass die Liturgie, wie sie nach dem Konzil reformiert wurde, oder die übliche Interpretation , die es erfuhr und die ihm zu entsprechen scheint – eines der wichtigsten Elemente ist, die es einer Flutwelle der Säkularisation erlaubten, die christliche Gesellschaft zu überschwemmen?
Hat nicht umgekehrt die traditionelle Liturgie und alles, was „mit dazu gehört“ (Katechismus, lehramtliche Bildung der Jugend, Schulen, Bewegungen und vor allem priesterliche Berufungen) einen offensichtlich missionarischen Charakter?
Es muss festgestellt werden, dass die momentane Stabilität nach einer langsamen Zunahme, weniger bedeutend ist als die Gesamtproportion: über 15 Prozent der französischen Seminaristen stammen von kaum 5 Prozent von praktizierenden Katholiken, nämlich denen, die jeden Sonntag Zugang zur traditionellen Liturgie haben. Wir für unseren Teil glauben, dass die Zahl von jungen Leuten, die sich für die außerordentliche Form entscheiden, sicherlich wachsen würde, wenn nur die richtigen Mittel geboten würden.
Dem guten alten Prinzip gemäß, dass jemand nur das liebt, was er kennt und praktiziert, gibt es keinen Zweifel darüber, dass, je mehr die außerordentliche Form in den Pfarreien angeboten würde, desto mehr Jugendliche sie entdecken würden, die sie bisher nicht kannten, und gesetzt dem Fall auch beim Seminareintritt die außerordentliche Form wählen würden.
Wenn mehr Pfarreien für die Zelebration in der außerordentlichen Form des römischen Ritus offen wären, wenn dem Wunsch der Gläubigen entsprochen würde und wenn es denen, die diese liturgische Form noch nicht kennen, möglicher gemacht würde, sie zu entdecken, dann würde auch die Anzahl der „Summorum Pontificum“-Seminaristen einen Wachstumsschub erfahren.
Dies hätte einen unmittelbaren Einfluss auf die Statistik der Diözesanberufungen. Warum also wird es nicht getan?
Darum, um zum Schluss zu kommen, möchten wir eine Wunsch äußern, der auch dem gesunden Menschenverstand zu entsprechen scheint: dass die außerordentliche Form des römischen Ritus ihren verdienten Platz bei den Zelebrationen des Jahrs des Glaubens zugewiesen bekäme, auf dessen Schwelle wir stehen.


[1] 20.000 Seminaristen in der Ausbildung wären nötig, um den Priestermangel auszugleichen.
Dazu siehe P. Thierry-Dominique Humbrecht, „L’avenire des vocations“ (Les Plans sur Bex, Schweiz: Parole et Silence, 2006) .

[2] Danach kommen interdiözesane Seminare mit insgesamt 50 Seminaristen (Lyon und Toulouse), dann diejenigen von Orleans oder Issy-les-Moulineaux mit ca. 40 Seminaristen, gefolgt von den vielen Seminaren mit ungefähr 30 Kandidaten (Lille, das französische Seminar in Rom, das „Séminaire des Carmes“ in Paris, Vénaque, usw.)