Brief 24 veröffentlicht am 20 April 2012

Welche Zukunft hat die Messe nach der Instruktion „Universæ Ecclesiæ“?

Diesen Monat bieten wir ihnen mit Genehmigung des Autors einen Artikel aus der Zeitschrift „Mass of Ages“ („Messe aller Zeiten“), der Zeitschrift der einflussreichen „Latin Mass Society“ in Großbritannien. Nach einem Treffen mit französischen Mönchen, die sich der Wiederbelebung der Kirche in Frankreich verschrieben haben, erklärte John Pedler die neue liturgische Situation nach der Veröffentlichung der Instruktion „Universæ Ecclesiæ“.

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Die Instruktion der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei vom 30. April 2011 entkräftet einige Vorwände, die eine Vielzahl von Bischöfen zur Rechtfertigung ihrer zurückhaltenden Umsetzung des „universalen Gesetzes der Kirche“ benutzen, das mit dem Motu Proprio Benedikts XVI. „Summorum Pontificum“ am 7. Juli 2007 eingeführt wurde.

Der versöhnliche Begleitbrief zum Motu Proprio des Papstes an die Bischofe sicherte ihnen zu, was in „Sacrosanctum Concilium“ 22 festgelegt ist: „Jeder Bischof ist für die Liturgie in seiner eigenen Diözese maßgeblich verantwortlich.“ Damit kann er immer intervenieren, wenn es ein Problem gibt, mit der wichtigen Einschränkung: „jedoch in vollem Einklang mit dem, was von den neuen Normen des Motu Proprio „Summorum Pontificum“ festgeschrieben wurde.“

Hat doch eine Anzahl von Bischöfen Wege gefunden, eine Interpretation von „Summorum Pontificum“ zur großzügigen Erlaubnis der Messe nach dem Missale von Johannes XXIII. des Jahres 1962 zu umgehen, obwohl sie bereits von Papst Johannes Paul II. in seinem Motu Proprio „Ecclesia Dei“ von 1988 dazu aufgefordert worden waren.

Der Papst hat gefordert, drei Jahre nach dem Inkrafttreten von „Summorum Pontificum“ (14. September 2007) eine Untersuchung über dessen weltweite Wirkung anzustellen. Die Instruktion, die aus dieser Nachforschung hervorging, „hat die Aufgabe, die richtige Interpretation und korrekte Anwendung des Motu Proprio zu garantieren“.

Einige Bischofskonferenzen (darunter auch die französische) schrieben lauwarme Antworten (wenn überhaupt) auf die Initiative des Papstes und standen damit in auffälligem Widerspruch zu anderen Quellen (z. B. dem Vatikanischen Diplomatendienst, Laienbewegungen wie der weltweiten Bewegung „Una Voce“ und den Gemeinschaften, die die außerordentliche Form fördern).

Prinzipiell wurde beklagt, dass viele Bischöfe das Motu Proprio dazu benutzten, ihre seit langem bestehende Politik der Minimierung der außerordentlichen Form zu rechtfertigen.

Die Instruktion vom 30. April 2011 macht deutlich, dass solche Entschuldigungen nicht berechtigt sind. Sie geht sogar noch weiter, indem bekräftigt wird, dass der „Vikar Christi und Oberhirte der Weltkirche“ die außerordentliche Form allen Gläubigen anbieten und allen, die darum bitten, ihre Zelebration garantieren wolle. Und ausdrücklich erklärt sie, es sei das Anliegen des Heiligen Vaters, die „Versöhnung im Herzen der Kirche“ zu fördern.

Es gibt auch eine disziplinäre Warnung: Die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“ ist die „hierarchisch Vorgesetzte“ und hat die Vollmacht zu entscheiden, ob eine Beschwerde gerechtfertigt ist, wenn ein Bischof eine Entscheidung fällt, „die gegen das Motu Proprio zu sprechen scheint“.

In den sechs Jahren des Pontifikates von Benedikt XVI. entwickelte sich die Messe von Johannes XXIII. von einer bestenfalls armen Verwandten zu einer von zwei gleichermaßen rechtmäßigen liturgischen Formen des Ritus der römischen Kirche - eine außerordentliche Form, die auf Anfrage jeder Gruppe Gläubiger, woher auch immer, zu zelebrieren ist, selbst wenn es sich um eine ad hoc geformte Gruppe handelt, wie beispielsweise Pilger, die sich in einer Wallfahrtskirche versammeln.

Zwei gleichwertige Formen will ausdrücken, dass die „lex credendi, lex orandi“ für beide dieselben sind. Die ordentliche Form, wie es Paul VI. selber in der Einführung der ersten Ausgabe des Missale feststellte, bekräftigt die traditionelle Theologie der Messe als Opfer und der Realpräsenz. Die Änderungen 1969 ebnen also nicht, wie es einige implizieren, einen Weg zu einer neuprotestantischen Interpretation als „letztes Abendmahl“.

Zur großen Erleichterung vieler macht die Anerkennung zweier gleichberechtigter Formen der Trennung von „Tradis“ und „Progressisten“ ein Ende, die seit 1960 der Kirche so viele Verletzungen zufügte. Der Papst sieht die außerordentliche Form als einen „Maßstab“ der Heiligkeit für diejenigen, die die ordentliche Form feiern, die auch die verbreitetste Form bleibt. Und es sei das Heilige, darauf machte der damalige Kardinal Ratzinger aufmerksam, was die Jugend suche, aber so häufig in der nachkonziliaren Kirche nicht gefunden habe.

Ironisch klingt die Annahme der 70er Jahre, dass es keine Nachfrage nach der „traditionellen Messe“ mehr geben werde, nachdem die vorkonziliare Generation ausgestorben sein werde. Denn heute ist es gerade die Jugend - oft solche, die eine geistliche Berufung in Erwägung ziehen, junge Priester oder Laiengläubige mit Familien -, die nun gerade auf die außerordentliche Form drängen, und mit ihr auf eine Erneuerung der Kirche. Die Fackel der Heiligkeit der Messe in beiden Formen wurde erfolgreich der neuen Generation anvertraut. P. Jean-Paul Argouac’h erklärte einmal in der März/April -Ausgabe von „Reforme Liturgique“, dass die Messe nicht nur das Herz der Kirche, sondern der ganzen Christenheit sei.

Es gab eine Zeit nach der Wahl des 78 Jahre alten Benedikt XVI., als nicht wenige glaubten (und nicht weniger hofften), dass sein Pontifikat eine Eintagsfliege sei, ein ruckartiger Halt, ein vergeblicher Versuch, „die Zeit zurückzudrehen“, indem eine verlorene Vergangenheit wiederbelebt werde. Aber im siebten Jahr des Pontifikates von Benedikt XVI. setzen sich seine Vorschläge einer kirchlichen Erneuerung durch und werden von den meisten Einflussreichsten in Rom geteilt. Seine Hermeneutik der Kontinuität hat tiefe Wurzeln geschlagen. Die laxen liturgischen Praktiken der 60er und 70er Jahre verschwinden mit der alten Generation von Bischöfen und Klerus. Diejenigen, die in den letzten beiden Jahren in Rom waren, um die Angelegenheiten zu diskutieren, kehrten ermutigt zurück. Die Disziplin der katholischen Kirche wurde behutsam, aber sicher durch den Nachfolger Petri wieder hergestellt.

Mit der Instruktion „Universæ Ecclesiæ“ im Jahr 2011 wurden alle Zweifel über die Intention des Papstes mit „Summorum Pontificum“ aus dem Weg geräumt. Ordensmitglieder und Laien, die um einem weiteren Gebrauch der außerordentlichen Form bitten, sind keine demütigen Bittsteller mehr, sondern haben nun die höchsten Autoritäten im Rücken, wenn sie mit den Bischöfen über Liturgie sprechen.

Mit dieser großen Veränderung stellen sich zwei grundlegende Fragen: Wie geht es mit der außerordentlichen Form weiter, die als Maßstab der Heiligkeit akzeptiert ist? Und: „Was kann getan werden, um bei der Zelebration der ordentlichen Form dieselbe Heiligkeit herzustellen?

Stellen wir uns zuerst der außerordentlichen Form. Vielleicht ist im Moment das Wichtigste das Recht aller Priester, das Missale von 1962 zu benutzen, soweit sie über die minimalsten Qualifikationen verfügen, und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Seminare, wie es verlangt wird, Latein und Training für diesen Zweck anbieten. Dies würde auch mit sich bringen, die Theologie zu lehren, die dahinter steht. Training ist für den Priester von heute wesentlich. Und mit welchen Gnaden werden jene belohnt, die das 1962er Missale für ihre tägliche Zelebration nutzen!

Die außerordentliche Form in Pfarreien einzusetzen ist sicherlich wichtig, wenn sie ein Leitstern sein soll, die Heiligkeit zu erhöhen, mit der auch die ordentliche Form zelebriert wird. Die Stille Messe wird dem sicher nicht gerecht; ein gesungenes Hochamt, wenn auch nur ein- oder zweimal im Monat, sollte sicherlich die angestrebte Norm sein. Dann gibt es die Möglichkeit -was in Frankreich gegenwärtig unmöglich ist-, Priester von Gemeinschaften, die das 1962er Missale benutzen, einzuladen, Pfarreien zu übernehmen, für die aufgrund des Rückganges der Berufungen in der ordentlichen Form kein anderer Priester gefunden werden kann. Aber in Frankreich heute gibt es aber Fälle, in denen die Bischöfe lieber Kirchen schließen oder Priester aus Afrika anfordern, als solche Gemeinschaften anzusprechen.

Eine andere Möglichkeit ist, einzelne Kirchen der außerordentlichen Form zu widmen. Dies könnte sehr sinnvoll sein, um die Messe regelmäßig im ganzen Land erreichbar zu machen. Aber wenn man nicht vorsichtig ist, kann dies zu Isolation führen, wie es in einigen Fällen Frankreichs geschehen ist („aus den Augen, aus dem Sinn“, war die Hoffnung einiger Bischöfe). Dem kann entgegengewirkt werden, wenn für den Priester dieser Kirchen und seinem „Team“ von Zeit zu Zeit Besuche anderer Kirche oder Kathedralen arrangiert werden, um ein Hochamt zu feiern, wenn es dort an den entsprechenden Kenntnissen mangelt. Würde dies so geschehen, würden nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Medien auf diese Messe aufmerksam, die selbst viele Nicht-Katholiken als höchst wertvollen Schatz unseres europäischen Erbes anerkennen. Aber solche „Besuche“ sind natürlich ohne die Ermutigung und die Unterstützung des Bischofs unmöglich.

Was kann getan werden, um die Heiligkeit bei der Zelebration der ordentlichen Form zu fördern? Interessanterweise sind die größten Unterschiede, die die Heiligkeit bei der Feier der ordentlichen Form mindern, nicht vorgesehen, sondern werden einfach „aus pastoralen Gründen“ erlaubt. Die normative Sprache ist Latein, aber die Zelebration in der Landessprache ist aus „pastoralen Gründen“ erlaubt. Das gleiche trifft auch auf die Zelebrationsrichtung „ad populum“ zu, die Kommunionausteilung durch „außerordentliche Helfer“ und den Empfang der Kommunion in die Hand. Wie der Papst hat betont hat, kann immer etwas Latein mit großem Gewinn wieder eingeführt werden, ebenso wie der gregorianische Choral. Und das „Institutio Generalis Romani Missalis“ (2000) bekräftigt, dass die Unterscheidung von Altarraum und dem Rest der Kirche bestehen bleibe, nichts fordere die Entfernung der Kommunionbänke aus alten Kirchen und nichts stehe ihrer Errichtung in neuen Kirchen im Wege.

Nichts hält die Bischöfe davon zurück, solche Praxen zu beenden oder zu verändern, die viele Menschen fälschlicherweise als wesentlichen Bestandteil der ordentlichen Form ansehen. Nur „ad orientem“ zu zelebrieren und die Kommunion kniend auf die Zunge empfangen (wie es der Papst fordert, wenn er zelebriert), würde bereits einen enormen Unterschied bedeuten - nicht nur bei der Heiligkeit, sondern auch für die Wiederherstellung des Priestertums in seiner traditionellen Bedeutung. Dies ist auch wesentlich für die Entdeckung der dringend notwendigen Berufungen in der ordentlichen Form, was in der außerordentlichen Form gegenwärtig kein Problem ist.

Dass die ordentliche Form mit äußerster Heiligkeit und Schönheit zelebriert werden kann, bezeugen die vielbesuchten lateinischen Messen im Brompton Oratorium in London mit dem vollen Nutzen des immensen Erbes der Messkompositionen berühmter Komponisten. Vermutlich würde nichts mehr zu einer Erneuerung der Kirche in der Ganzheit ihrer Heiligkeit beitragen als die Erlaubnis der Bischöfe, diesem Beispiel in ihren Kathedralen zu folgen.

Was wird nun in der Zukunft werden? Wenn es nennenswerte Veränderungen bei der Förderung der Heiligkeit in der Liturgie geben soll, müssen die Bischöfe ihren Teil zur Lösung beitragen und nicht ein wesentlicher Teil des Problems bleiben. In Frankreich sind allzu wenige offen für Veränderungen, obwohl die Entchristlichung Frankreichs unter ihren Augen durch die „Zersetzung“ der Liturgie weiter voranschreitet. Aber die Veränderungen müssen in den nächsten fünf Jahren geschehen, wenn man das Durchschnittsalter der Bischöfe bedenkt, vorausgesetzt, dass neue Bischöfe von der Bischofskongregation ausgewählt werden, die in Einklang mit ihrer derzeitigen Politik stehen. Und Veränderungen könnte es schon sehr bald geben: Beispielsweise hat die Ernennung Bischof Aillets in Bayonne bereits einen neuen Ton eingeläutet, einschließlich eines neuen Lehrplans für Seminare nach der Vorgabe der Instruktion „Universæ Ecclesiæ“ vom 30. April 2011.

Abbé Claude Barthe stellte in „Homme Nouveau“ fest, dass die Bischofsernennungen der Vergangenheit den Wünschen des Heiligen Vaters ganz und gar nicht entsprachen. Die Enttäuschung drängte letztes Jahr 21 jüngere französische Priester dazu, Kardinal Ouellet, den neuen kanadischen Präfekten der Kongregation für die Bischöfe, zu bitten, neue Bischöfe „zur Befriedung der Liturgie“ zu ernennen.

Es ist nach allem nicht nur durch Dialog, sondern auch durch das Hochhalten der Leuchte, entzündet vom Heiligen Geist, dass die katholische Kirche alle Menschen der Welt erreichen kann, wie es ihr Gründer vorsah und wie es das Zweite Vatikanische Konzil zu bekräftigten versuchte.