Brief 18 veröffentlicht am 19 September 2011

APOSTOLISCHER NUNTIUS:
Das Motu Proprio steht für eine Wiederentdeckung des Sinns für Liturgie

Als Botschafter des Heiligen Stuhls in der Welt und Stellvertreter des Papstes in den Ortskirchen ist ein apostolischer Nuntius in der Regel dermaßen von seinen diplomatischen Aufträgen in Anspruch genommen, dass sein vorrangiger Dienst als Hirte in Vergessenheit gerät. Die kürzliche Ernennung des amerikanischen Erzbischofs Thomas E. Gullickson durch Papst Benedikt XVI. zum apostolischen Nuntius in der Ukraine, einem Ort, der vor allem für die Beziehungen mit der orthodoxen Welt von Bedeutung ist, bietet die Gelegenheit, uns ein wenig diesen oftmals weniger bekannten Kirchenmännern zuzuwenden.

Als Apostolischer Nuntius auf den Antillen seit 2004 (Bahamas, Jamaika, Trinidad und Tobago) richtete Msgr. Gullickson während seines Aufenthaltes in der Karibik einen sehr interessanten Blog ein, auf dem von Inhalten seiner Sonntagspredigten über Lektüre, die darauf Bezug nahm, bis hin zu seinen Briefen und geistlichen und liturgischen Betrachtungen alles zu finden war. Auf diesem Blog mit Namen „Island Envoy“ griff Msgr. Gullickson oft das Motu Proprio Summorum Pontificum auf.

Der folgende Text, der im vergangenen Sommer zum Abschluss der ersten drei Jahre der Umsetzung des Motu Proprio veröffentlicht worden war, kommentierte die drei vom Papst mit seiner Veröffentlichung angestrebten Ziele. Der deutsche Kanoniker Gero Weishaupt sah zusammengefasst als oberste Prioritäten:
A) Eine Antwort auf die Zeichen der Zeit und ein Rückkehr zur Normalität zu sein
B) Gegenseitige Befruchtung der Missale von 1962 und 1970
C) die Versöhnung in der Kirche.


Der Text von Msgr. Gullickson

Hat sich in den drei Jahren Summorum Pontificum die liturgische Situation der Kirche verbessert? Welche Art der Ausführung der alten Liturgie wird uns zu diesem Ergebnis führen können? Entsprechen die drei von Weishaupt formulierten Zielsetzungen denen des Heiligen Vaters in seinem Brief an die Bischöfe vom 7. Juli 2007?

In Wirklichkeit scheinen mir bei aufmerksamer Lektüre des Briefs des Heiligen Vaters die Verteidigung der Wahrheit und die Förderung der Gerechtigkeit ebenso wie das Respektieren der Kontinuität, die wesentlich ist im Bereich der liturgischen Tradition der Kirche, als oberste Priorität hervorzustechen.

(…) Was Weishaupt mit seinem ersten Ziel unterstreicht, ist sicherlich im Sinne der Worte des Papstes, gibt aber die Ausdrucksweise des Papstes nicht genau wieder: mehr als nur allgemein von „Zeichen der Zeit“ zu sprechen müsse man einen klaren Hinweis auf liturgische Missbräuche geben.

Weiter von einer Rückkehr zur Normalität zu sprechen scheint die Frage eher zu verdunkeln, denn alles hängt davon ab, welche Normalität gesucht wird. Daraus folgt, dass die Versöhnung (Punkt C der Zielsetzungen) sicherlich auf gegenseitigem Respekt beruht, aber insgesamt viel komplizierter ist.

Mehr als nur den lakonischen Ausdruck „gegenseitige Befruchtung“ müssen wir alle Äußerungen bedenken, die der Heilige Vater im Zusammenhang mit den Missbräuchen und generellen Missständen gemacht hat. Die Feier der ordentlichen Form der letzten vierzig Jahre hat viel zu oft die Anbetung in Geist und Wahrheit behindert und wurde eine Quelle von Verwirrung und Entmutigung für die Katholiken.

Ich möchte vor allem an die Hoffnung für die neue Liturgie erinnern, was der Papst so ausdrückte:
Die sicherste Garantie dafür, dass das Missale Pauls VI. fähig wird, die Pfarrgemeinde zu vereinen und von ihr geliebt zu werden, besteht darin, sie in ehrerbietender Befolgung aller Vorschriften zu feiern; nur so wird der geistige Reichtum und die theologische Tiefe dieses Missale sichtbar.

Papst Benedikt XVI. wollte eindeutig die Fesseln lösen, die den Gebrauch des Missale von 1962 in den letzten vier Jahrzenten eingegrenzt haben und gleichzeitig das Missale von 1970 vor dem Werk derer retten, die die zeitgenössische Liturgie in derselben Zeitspanne an sich gerissen hatten. Dies bedeutet definitiv, dass die Zeit der korrekten Anwendung der Konstitution über die Heilige Liturgie des 2. Vatikanischen Konzils gekommen ist.

Summorum Pontificum stellt sicherlich ein Angelpunkt im Kampf um eine vollständige und korrekte Ausführung der Liturgie in der Kirche dar. Man könnte es als Mittel der sanften Überzeugung, als eine Annäherung, eine Einführung definieren. Es kann aber nicht das einzige Mittel für eine Reform bleiben, denn die Wahrheit verlangt auch, dass man die liturgischen Missbräuche kontinuierlich und nachhaltig aufdeckt, die weiterhin dem Kult in der Landessprache in seinem ganzheitlichen und angemessenen Ausdruck entgegenstehen.

Nur eine Rückkehr zur alten Form als ordentliche Form könnte alle Missbräuche mit einem Schlag verhindern, aber das ist nicht die Intention des Heiligen Vaters. Benedikt XVI. hat seine Brüder im Bischofsamt nicht davon dispensiert, sich wachsam zu zeigen in ihren Bemühungen um Reformen; er nimmt es auch den Priestern nicht ab, ihren Gläubigen die rechte Art der Zelebration vor Augen zu führen; er ermahnt indes die Musiker und die Künstler, ihr Können für eine Wiederherstellung der Verbindungen mit der Tradition einzusetzen, die wir aufrecht erhalten müssen.

Der göttliche Kult ist mehr als ein Gebetstreffen, er ist viel mehr als nur eine geistliche Übung. Die Prinzipien des himmlischen Kultes und die Überlieferung von den Aposteln her konditionieren den sublimen Charakter und den Ernst, der dem eucharistischen Opfer selbst und allem, was mit ihm im Zusammenhang steht, die Form verleiht (…).

Gestern kam mir bei der Betrachtung der lichtreichen Rosenkranzgeheimnisse in den Sinn, dass es sich in gewisser Weise um sehr eucharistische Geheimnisse handelt, die man mit diesem Ziel betrachten könnte. Die Hochzeit von Kana hat für mich für die Anwendung von Summorum Pontificum gesprochen und von der ganzen Frage der Reform der Liturgie in der Landessprache: Obwohl nur die Diener, die das Wasser genommen hatten, wussten, was sich ereignet hatte, verhindert das nicht, dass das Evangelium von der Verwandlung von Wasser zu Wein durch unseren Herrn spricht, auf Bitte seiner heiligen Mutter, als sein erstes öffentliches Zeichen.

Ich habe den ausdrücklichen Willen, gewissenhaft mit der demütigen Arbeit, die Schläuche zu füllen, fortzufahren und ich möchte ein gutes Beispiel bei der Zelebration geben, besonders durch die Anbetung ad orientem.

Möge der Herr allen, die sich um einen geordneten und andächtigen Kult bemühen, die Möglichkeit geben, die Herzen und Seelen zu verwandeln. Die traditionelle Liturgie gewinnt weiterhin die Herzen und Seelen von Jugendlichen, während die manchmal banalen und prätenziösen Zelebrationen der ordentlichen Form andere zur Abkehr vom Glauben bringen.

Wir schulden dem Herrn das Beste und damit auch seiner Jugend im Schoß der Kirche, aus Liebe zum Heil der Welt.