Brief 2 veröffentlicht am 18 November 2009

Exklusiv : Großes Interesse an der außerordentlichen Form der Liturgie in Italien

Im Land des Papsttums würden 63% der praktizierenden Katholiken regelmäßig (d.h. wenigstens einmal im Monat) an der außerordentlichen Form der Messe teilnehmen, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Dies ist das gleichermaßen überraschende wie beeindruckende Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die in Italien für Paix Liturgique und die Internetsite „Messa in Latino“ vom Institut Doxa kürzlich durchgeführt wurde.

Doxa, führendes Meinungsforschungsinstitut in Italien und Mitglied des Gallup- Netzwerks, hat diese Untersuchung zwischen dem 24. und 27. September 2009 in einer Gruppe von 1001 Personen im Alter über 15 Jahren durchgeführt.

A – ERGEBNISSE DER UNFRAGE

1. Frage: Sind sie über die Existenz des Motu Proprio „Summorum Pontificum“ informiert?

64% der praktizierenden Katholiken (Katholiken, die wenigstens einmal im Monat die Messe besuchen) kennen das Motu proprio, 36% wissen nichts darüber.

Hinsichtlich des Gesamtes der Katholiken (praktizierende und nichtpraktizierende) kennen 58% das Motu proprio, 42% sind nicht informiert.

In Frankreich, wo das Institut CSA am 24. und 25. September 2008 im Auftrag von Paix Liturgique (sondage CSA 08 01 153 B) eine vergleichbare Umfrage durchgeführt hatte, zeigten sich 82% der praktizierenden Katholiken über das Motu proprio informiert, gegenüber 58% beim Gesamt der Katholiken.

Bewertung:

In Italien, im Land des Papsttums, hatte ein Drittel der Katholiken bislang keine Gelegenheit, sich über das Motu proprio „Summorum Pontificum“ und seine Bestimmungen bezüglich der Zelebration in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus angemessen zu informieren. Diese relativ hohe Anzahl ist eine traurige Illustration der Blockadementalität zahlreicher italienischer Bischöfe und Pfarrer gegen die Politik Papst Benedikts XVI der liturgischen Kontinuität und Versöhnung.

Dieses Ergebnis zeigt außerdem die Notwendigkeit wie die Legitimität der Informationsarbeit durch Laieninitiativen wie Paix Liturgique. In Frankreich, wo Paix Liturgique und andere Gruppen den Mangel an Information ausgleichen, der vom Episkopat durch absichtliches Verschweigen regelrecht organisiert wurde, sind die Gläubigen, offensichtlich dennoch (82% statt 64% der praktizierenden Katholiken) besser über die Verfügungen des Hl. Vaters informiert.

2. Frage: Finden Sie die Feier beider Formen der Römischen Liturgie in ihrer Pfarrei normal ?

71% sowohl der praktizierenden als auch des Gesamtes der Katholiken stehen der Koexistenz der ordentlichen und der außerordentlichen Form des Römischen Ritus in ihren Pfarreien positiv gegenüber.

Bewertung:

Mehr als zwei von drei italienischen Katholiken teilen die Sorge des Papstes um die Einheit und den Frieden der Kirche und betrachteten daher die Koexistenz der beiden Formen des einen Römischen Ritus in ihren Pfarreien als normal. Dies ist besonders bemerkenswert, da in Italien die Zelebration der Messe im ordentlichen Ritus nach wie vor durch eine stärkere Ehrfurcht gekennzeichnet ist und liturgische Mißbräuche weitaus seltener vorkommen als in Frankreich oder den deutschsprachigen Ländern. Dieses Ergebnis relativiert die häufig geäußerte Vermutung, daß die Anhänglichkeit der Gläubigen an die traditionelle Form des Römischen Ritus nur eine Reaktion auf liturgische Mißstände sei. Es scheint vielmehr, daß die würdige Zelebration der ordentlichen Form der Messe den Wunsch nach der außerordentlichen Form keineswegs schwächer werden läßt, sondern vielmehr sogar befördert.

3. Frage: Hätten Sie den Wunsch an einer Messe in der außerordentlichen Form teilzunehmen, falls diese in Ihrer Pfarrei zelebriert würde?

63% der praktizierenden italienischen Katholiken erklärten, daß sie wenigstens einmal pro Monat an einer solchen Messe teilnehmen würden (gegenüber 33% des Gesamtes der Katholiken). Wiederum rund zwei Drittel der praktizierenden Katholiken würden sogar jeden Sonntag einer Messe in der außerordentlichen Form beiwohnen, ein Drittel wenigstens einmal pro Monat.

Zum Vergleich: In Frankreich (nach der CSA-Umfrage von 2008) erklärten 34% der praktizierenden Katholiken, daß sie gerne einmal pro Monat an der Messe im außerordentlichen Ritus teilnehmen würden.

Bewertung :

Trotz der praktischen Unterdrückung der außerordentlichen Form des Römischen Ritus in den Pfarreien, ist die Anzahl der Katholiken, die sich nach wie vor zu dieser Form hingezogen fühlen, bemerkenswert: ein Drittel. Der Anteil unter den praktizierenden Katholiken liegt praktisch bei zwei Dritteln. Das ist doppelt so hoch wie in Frankreich.

Für Italien, wo die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Pfarrei immer noch eine große Rolle spielt und wo sich religiöse Feiern im allgemeinen einer großen Beteiligung erfreuen, belegen diese Zahlen dennoch deutlich ein Unbehagen in weiten Kreisen der Gläubigen. Gewohnt daran, Ihren Pfarrern mit Vertrauen zu folgen, haben sie den nachkonziliaren Veränderungen, die mit weitaus weniger Druck und oft mit mehr Einfühlungsvermögen als in Frankreich oder den deutschsprachigen Ländern eingeführt wurden, ihre Gefolgschaft nicht versagt. Dennoch sind sich die Gläubigen des Gefälles zwischen den Reformbemühungen des Heiligen Vaters und der Realität in ihren Diözese und Pfarreien mehr als bewußt… und wünschen sich, ebenfalls in den Genuß der geistlichen Wohltaten der außerordentlichen Form der Römischen Liturgie zu kommen.

B – KOMMENTAR VON PAIX LITURGIQUE

1. Diese Umfrage ist die erste repräsentative Umfrage zu diesem Themenkreis in Italien. Sie belegt deutlich, daß der Wunsch nach der traditionellen Liturgie nicht ein spezifisches Problem eines bestimmten Landes ist.

Es zeigt sich weiters deutlich, daß man die hohe Zahl der Gläubigen ,die Ihre Anhänglichkeit an die außerordentliche Form der Römischen Liturgie bekundet haben, nicht auf die Anhängerschaft der Priesterbruderschaft St. Pius X. reduzieren darf, die in Italien überhaupt nicht weiter verbreitet ist, sondern gerade einmal drei Priorate unterhält. Dieser Punkt ist von großer Bedeutung, da die italienischen Bischöfe die Diskussion über die außerordentliche Form der Liturgie gerne auf die Piusbruderschaft einzuschränken versuchen und so den Eindruck erwecken, daß diese Frage tatsächlich nur eine sehr kleine, einfach zu identifizierende, wenngleich durchaus dynamische Gruppe betrifft. Unsere Umfrage belegt hingegen die Richtigkeit der Einschätzung des Heiligen Vaters, der davon ausgeht, daß eine weitaus größere Anzahl von Gläubigen der kirchlichen Basis den Ausdrucksformen des Glaubens ihrer Väter weiterhin anhängt und nichts weiter wünschen, als diese von neuem zu erleben, obgleich sie aus den verschiedensten Gründen in ihren Pfarreien geblieben sind oder ihre religiöse Praxis sogar aufgegeben haben.

Diese Realität, die unsere Untersuchungen in Frankreich und Italien eindeutig belegen, werden leider von zahlreichen Bischöfen ignoriert oder gar bestritten, die vielmehr fortfahren, die Entwicklung der außerordentlichen Form des Römischen Ritus mit allen Mitteln zu blockieren.

2. Wir geben uns nicht der Illusion hin, daß diese Umfrage in Italien, auch wenn sie von einem anerkannten und unabhängigen Institut durchgeführt wurde, diejenigen beeindrucken würde, die sich dem Papst und seiner Politik der Befriedung und der Einheit der Kirche wiedersetzen. Vergleichbare Untersuchungen in Frankreich seit 2001 sind weder von seiten der Bischöfe noch von der religiösen Presse auch nur eines kurzen Kommentares gewürdigt worden.

Es ist weithin bekannt, daß für die Gegner der Versöhnung innerhalb der Kirche die Gläubigen, die der überlieferten Liturgie anhängen, „nichtexistent“ sind und daß es kein „liturgisches Problem“ gibt. Dennoch entsprechen die Ergebnisse der Untersuchungen in Italien wie in Frankreich völlig derselben Tendenz, die einer der stärksten Indikatoren für das Leben, ja das Überleben der Kirche offenbart: der Anziehungskraft der außerordentlichen Form des Römischen Ritus unter denjenigen jungen Leuten, die eine Berufung zum Priestertum oder eine sonstige geistliche Berufung haben. Wie die französische Ausgabe unseres Rundbriefes zeigen konnte, ist in diesem Jahr in Frankreich jede vierte priesterliche Berufung ein Neueintritt in eine Gemeinschaft mit der außerordentlichen Form der Römischen Liturgie.

3. Schließlich belegen die Ergebnisse dieser Studie, ebenso wie der in Frankreich (sondage CSA, Lettre PL 145) und in den USA (Umfrage der CARA für die Georgetown University, Lettre PL 196) durchgeführten, erneut, daß die Frage des Interesses an der außerordentlichen Form der Liturgie keineswegs eine vernachlässigbare Bedeutung unter den Katholiken hat. Ebensowenig läßt sich dieses Interesse auf eine „nationale“ oder „politische“ Frage reduzieren, sondern sie ist vielmehr von ganz grundsätzlicher Bedeutung. Besonders für die zeitgenössischen Theologen, die dem „Glaubenssinn“ des Volkes Gottes eine so große Bedeutung beimessen, stellt dieses Ergebnis sicher eine Herausforderung dar.

Die bisherigen Ergebnisse unserer Umfragen zeigen auch die Notwendigkeit, diese Art von Erhebungen in anderen großen europäischen Ländern wie Deutschland, Portugal, Polen oder Spanien sowie auch auf der Ebene einzelner Diözesen, die von besonderer Signifikanz sind, durchzuführen. Dieses Ziel ist einer der Gründe für die Herausgabe der deutschen Ausgabe unseres Rundbriefes.