Brief 63 veröffentlicht am 1 Dezember 2015

Ein Hirte des Alten Ritus auf dem Broadway

Die Teilnahme von Paix Liturgique an der Sacra Liturgia Konferenz im Juni in New York gab Gelegenheit, die einzige Pfarrei in Manhattan zu entdecken, die beide Formen, die ordentliche und außerordentliche, des römischen Ritus täglich opfert: die Pfarrei der Unschuldigen Kinder auf der West 37th Street, nur einen Steinwurf vom Broadway entfernt. Ihr Pfarrer, P. Leonard Villa wurde im Dezember 2014 in die Pfarrei berufen, er war damit einverstanden, uns über seine Erfahrung zu berichten, wie man mit Ruhe und Gelassenheit das Motu Proprio Summorum Pontificum anwenden kann.



I – Eine Pfarrei wird erneuert

Die Kirche der Unschuldigen Kinder wurde 1866 in Südmanhattan als Pfarrei errichtet, im Herzen des damaligen Rotlichtviertels von New York das später zum Garment District wurde. Sie galt immer als Pfarrei der Schauspieler, wegen der Nähe zum Braodway und der vielen Theater in ihrer Nähe. Teilnehmerzahlen nahmen ab in diesem Wirtschafts- und Entertainmentstadtteil wo es nur wenige Ansässige gibt, und die Pfarrei war oft in Gefahr geschlossen zu werden, bis Kardinal Dolan, Erzbischof von New York vor einigen Jahren die Bedeutung der Pfarrei als geistliche Oase für die Umgebung zu schätzen lernte. Die Pfarrei bietet seit 2009 die außerordentliche Form des römischen Ritus an, zusätzlich zur ordentlichen Form. Die Teilnehmerzahl der Sonntagsmesse hat sich seitdem verdreifacht. Als Resultat hat der Kardinal nicht nur den Status der „Unschuldigen Kinder“ bestätigt, sondern auch einen neuen Pfarrer eingesetzt, obwohl es seit 2013 keinen mehr gab.

Die Hauptattraktion der 1870 gebauten neugotischen Kirche ist das Altarfresko der Kreuzigung von Costantino Brumidi, dem Kü-nstler, der auch die Rotunda des Capitols in Washingston erdacht hat. Das Fresco wurde 2013 in all seiner Pracht wiederhergestellt, nachdem P. Kallumad, Pfarrer von 2007-2013 es restaurieren ließ. Es war dieser Priester, 1973 in seinem Heimatland Indien geweiht, der die traditionelle Liturgie in die Pfarrei wieder einführte. Er erklärte seine Entscheidung in der Diözesanzeitung:
„Es handelt sich bei unserer Kirche um eine Kirche für Arbeitnehmer und ich wollte die sonntägliche Gemeinschaft stärken. Wir haben jetzt ungefähr 100 Menschen, die die sonntägliche lateinische Messe besuchen. Sie sind sehr aktiv und fördern die Pfarrei, genau das wollte ich erreichen. Sie kommen von überall her: aus Long Island, New Jersey, einige von über 80 kilometern entfernt. Sie sind alle willkommen. Es handelt sich also um eine Pfarrei, die den Unterschied macht.“

Nachdem P. Kallumady die Pfarrei verlassen hat, hat P. Rutler, der bedeutende New Yorker Prediger und Missionar, ihn ersetzt und setzte die traditionelle Liturgie fort, bis P. Villa letzten Winter dort seine Stellung bezog. P. Villa hatte in der US Navy gedient und trat dann ins Seminar von St. Joseph ein. Während seiner Seminarszeit hat er als sein Apostolat Obdachlosen und Alkoholabhängigen im Stadtteil Bowery in New York gedient. P. Villa arbeitete dann in der Pfarrei St. Eugene für 22 Jahre in Yonkers, dem viertgrößten Stadtteil New Yorks, nördlich der Bronx. Er führte dort die außerordentliche Form des römischen Ritus am 14. September 2007 ein, demselben Tag, an dem das Motu Proprio von Papst Benedikt in Kraft trat. Er ist ein enthusiastischer Mann im Dienst Seelenheils, was in seiner ersten Predigt in der „Unschuldigen Kinder“ Pfarrei deutlich wurde: eine Weihe an das allerheiligste Herz Jesu und das unbefleckte Herz Mariens, einer Hingabe an das allerheiligste Sakrament des Altares und die Beichte. P. Villa ist überzeugt, dass man bevor man Christi durch Worte Zeugnis geben kann, in seiner Anwesenheit leben muss, wie die sel. Jungfrau Maria und der hl. Joseph es getan haben.

Neben den vier Messen, die zwischen Montag und Freitag zelebriert werden (eine am Morgen und zwei zur Mittagszeit in der ordentlichen Form und eine am Abend in der außerordentlichen Form) und zwei Messen am Samstag und am Sonntag (außeroderntliche Form um 13.00 Uhr am Samstag und um 10.30 Uhr an Sonntagen), bietet die Unschuldigen Kinder auch jedes Wochenende am Nachmittag eucharistische Anbetung an und eine traditionelle Vesper am Sonntag, zusätzlich zum Rosenkranz. Die außerordentliche Form wird normalerweise gesungen, außer montags und donnerstags.


II – Interview mit P. Villa


P. Villa zelebriert die Wochentagsmesse in der Kirche der Unschuldigen Kinder.

Paix Liturgique: Wann haben Sie die außerordentliche Form des Römischen Ritus kennengelernt? 
P. Villa: Ich bin mit der AF vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil aufgewachsen und ich kannte sie aufgrund meiner aufmerksamen Lehrer in meiner Kindheitspfarrei, dem Allerheiligsten Erlöser, NY, wo deutsche Redeptoristen arbeiteten, gut.

PL: Wieviel Zeit brauchten Sie, um sie zu lernen und wie lange hat es gedauert, bis Sie sich an die Zelebration gewöhnt haben?

P. Villa: Im Alter von 13 ajhren war ich der Zeremoniar, also war die AF einfach zu lernen. Ich erinnerte mich an das meiste.

PL: Sie sind ein sogenannter „in utroque usu Priester“, das bedeutet, Sie sind es gewöhnt die Messe in beiden Formen des römischen Ritus zu feiern: hat die Zelebration der AF Ihre Haltung bei der Zelebration der OF (ordentlichen Form) verändert?
P. Villa: Ich habe mich immer in der AF wohlgefühlt und selbst bevor das Motu Proprio veröffentlicht wurde, habe ich in der OF die gleichen lacunae gegeben wie den Rubriken der AF. Ich wurde seit meiner Weihe durch den usus antiquior geformt.

PL: Wie haben die Gläubigen zur AF reagiert, in Yonkers und in der Pfarrei der Heiligen Unschuldigen?
P. Villa: Die Gläubigen haben auf die AF sehr gut reagiert. Sie wurde gut besucht und hatte fast so viele Messbesucher wie die OF Pfarrmessen. Zweimal im Jahr habe ich sie auch für Schulkinder zelebriert und die Messdiener wurden in beiden Formen der Messe ausgebildet. Die dialogisierte Messe wurde gefeiert, und die Messbesucher lernten die lateinischen Antworten sehr gut auf Lateinisch. Der Pfarrchor hat für beide Formen der Messe gesungen und hat gregorianischen Choral und die Poliphonie eingeführt.

PL: Jeder, der zu den Unschuldigen Kindern kommt, entweder an Sonntagen oder an Wochentagen, ist davon beeindruckt, wie unterschiedlich die Messteilnehmer sind: alle sozialen Schichten, ethnischen Gruppen sind stellvertreten. Wurde die AF von allen von ihnen angenommen?
P. Villa: Was die meisten Besucher der Pfarrei bezüglich der AF verwundert ist: Andacht. Ich würde sagen, dass die AF von den meisten Menschen gut aufgenommen wurde, obwohl beide Formen der Messe angeboten wurden.

PL: Die Neuevangelisierung, die oft Reevangelisierung bedeutet, ist eine der wichtigsten Themen der Kirche heute: die Pfarrei befindet sich in einer sehr vielbesuchten und pulsierendem Teil Manhattans (dem Garment District) gleich neben dem Broadway, wir gehen einmal davon aus, dass Sie darüber viel zu sagen haben?
P. Villa: Nun, die Neuevangelisierung ist schlechthin Evangelisierung: die katholische Glaubenslehre lehren. Es besteht die Möglichkeit, durch die Liturgie zu evangelisierungen, in der Beichte, durch Handzettel, Anbetung und Zeugnis auf der Straße. Die Legion Mariens hat hier in der Pfarrei ihre Arbeit wieder aufgenommen, und ich hoffe, dass sie ein Vehikel für die Evangelisierung durch ein mobiles katholisches Informationszentrum sein wird, das „Buch-Karren“ heißt. Dann gibt es auch eine apologetische Initiative mit Namen „Patrizier“, die versuchen Katholiken zu finden, die mutig genug sind, ihren Glauben zu diskutieren. Der Pfarrbrief ist ein weiteres Vehikel.

PL: Papst Franziskus lädt regelmäßig Katholiken dazu ein, „hinauszugehen“: gehen Sie, sprichwörtlich hinaus, um Menschen einzuladen, zu sozialen oder liturgischen Ereignissen, also von der Straße von Manhattan oder woanders?
P. Villa: Nun, immer wenn ich aus verschiedenen Gründen auf die Straße gehe, dann gehe ich immer als Priester gekleidet hinaus. Die Menscehn grüßen manchmal und ich habe bereits Beichte auf der Straße gehört. Wir arbeiten an einem Austausch zwischen Pfarreien und einem gemeinsamen Missionairen auf der Straße, wie letzten Sonntag. Unserer Pfarrheim, das immer offen ist und zieht Menschen aus verschiedenen Gründen an. Wir haben auch einen Laden mit religiösen Gegenständen hier. Manchmal machen wir auch eine Prozession durch die Straßen, wie an Fronleichnam, am Fest des hl. Martin und so weiter.

PL: In Europa ist die Säkularisierung weit fortgeschritten und nimmt das Christentum ein. Können Sie aus ihrem Blickwinkel in Manhattan eine Botschaft für den katholischen Katholizismus geben?
P. Villa: Nun, der Glaube wurzeln in Europa in vielen heiligen Orten. In Frankreich alleine gibt es zahlreiche Glaubenszentren und Heiligtümer der großen Heiligen: Notre-Dame, Saint-Sulpice oder Sacre Coeur in Paris, aber auch Ars, Paray-le-Monial , La Salette, Lourdes und so viele andere Orte.

PL: Wollen Sie noch etwas anderes hinzufügen?
P. Villa: Ich denke, die AF wird weiterhin einen großen Einfluss auf die Kirche machen und weiter wachsen. Ich bete, dass sie auch weiterhin die OF beeinflussen wird und zur Beseitigung vieler Missbräuche beitragen kann, die die OF plagen.


III – Die Überlegungen von Paix Liturgique

1) „Diejenigen die Ohren haben, werden hören!“ Eine Pfarrei die vor der Schließung steht führt die außerordentliche Form des römischen Ritus ein, um sich selber zu retten – und es funktioniert! Das ist Manhattan, das Herz der Moderne selbst. Das ist es was es bedeutet „das Experiment der Tradition“ zu machen, das praktisch das einzige ist, was die Priester und Laien, die der traditionellen katholischen Liturgie nahestehen, jemals gewollt haben. Leider sind in Europa, auf dieser Seite des Atlantiks, die Menschen taub und schließen die Kirchen lieber – oder verkaufen sie an die Muslime! – anstatt sie dem Volk von Summorum Pontifikum zu übergeben.

2) Dieser sehr amerikanische Pragmatismus hallt in der Haltung des Erzbischofs, Kardinal Dolans, wieder: da er festgestellt hat, dass die Pfarrei seit der Annahme der außerordentlichen Form gewachsen ist, entschloss er sich, sie offen zu lassen und ihr einen neuen Pfarrer zuzuteilen, der für das weitere Leben in utroque usu gewappnet ist. Dieser Realismus erklärt die Einfachheit mit der Ecclesia Dei Gemeinschaften so viele Pfarrei und Apostolate in Amerika zugeteilt bekommen, oft nach Verhandlungen mit dem Ordinarius, damit ein Vertrag erstellt werden kann, dessen Klauseln aufs genaueste beachtet werden müssen. Das erklärt auch, warum Summorum Pontificum Seminaristen in vielen Seminaren angenommen werden, zu so großer Zahl, dass die europäischen Ausbildungshäuser vor Neid erblassen würden.

3) Seit dem wir die Pfarrei der Unschuldigen Kinder entdeckt haben, haben viele Freunde sich entschlossen, bei ihrem Besuch von New York, dies Pfarrei zu besuchen und alle haben von einer tiefen Bewunderung berichtet. Sie waren von der Würde der Zelebration angetan, dem Eifer der Predigten und der Inbrunst des Glaubens der Menschen. Sie waren auch vom „melting Pot“ New York überrascht, wo UN Diplomaten Seite an Seite mit philippinischen Fifth Avenue Putzfrauen und afrikanisch-amerikanischen Familien der Brox knien. Wenn man den Ostindischen Priester bedenkt, der die „Lateinische Messe“ in diese Manhattan Pfarrei zurückgebracht hat, dann man wirklich nur stauen, über die authentisch katholische, d.h. universale Ausrichtung der traditionellen Liturgie.