Brief 62 veröffentlicht am 5 Oktober 2015

Die Konferenz „Sacra Liturgia 2015“ zeugt von positiven Erfahrung des liturgischen Friedens in den Pfarreien

In New York haben mehr als 350 amerikanische Laien und Kleriker über die „Reform der Reform“ diskutiert und die wesentliche Rolle der außerordentlichen Form des römischen Ritus hervorgehoben, damit auf Pfarreiebene die Liturgie eine Erneuerung erleben kann.


Im Uhrzeigersinn von links oben: P. Christopher Smith, Prof. Donelson und P. Cipolla, P. Kocik und Dom Alcuin Reid, Matthew Menendez © Sacra Liturgia 2015

Dank der Großzügigkeit unserer Spender konnte einer der Editoren von Paix Liturgique an der Konferenz „Sacra Liturgia 2015“ teilnehmen, die vom 1.-4. Juni in New York stattgefunden hat. Sie wurde auf Initiative von Bischof Rey veranstaltet und von Dom Alcuin Reid organisiert, beide aus der Diözese von Fréjus-Toulon in Südfrankreich stammend. P. Richard Cipolla, Pfarrer in Norwalk, Connecticut und Dr. Jennifer Donelson, Professorin für Sakralmusik im „St. Joseph’s“ Seminar in New York, Brooklyn und Rockville Center haben an der Organisation mitgewirkt. Über 350 Teilnehmer kamen während vier Tagen zusammen, viele von ihnen junge Leute: Laien, Männer und Frauen, Seminaristen und Priester. Jeden Abend nach den fachlichen aber immer verständlichen Ansprachen fand eine Zelebration in einer der beiden Formen des römischen Ritus statt, um den Tag zu beschließen.


I – Drei symbolische Höhepunkte

Obwohl jeder einzelne Vortrag einen eigenen Artikel verdiente – beispielsweise P. Thomas Kociks Bilanz zur Reform der Reform; P. Christopher Smiths Vorlesung über die Rolle der liturgischen Ausbildung in der katholischen Identität oder P. Cipollas Vortrag über die Liturgie als die Quelle der priesterlichen Identität – müssen wir uns darauf beschränken, zu verdeutlichen, dass uns vor allem die folgenden drei Momente besonders beeindruckt haben:

Das überzeugende Zeugnis des Gründers von „Juventutem“ in Harvard Matthew Menendez, der für die erfolgreiche Einführung der traditionellen Messe in Harvard verantwortlich ist;
Die traditionelle Messe von 1962 zelebriert von P. Sean Connolly, einem jungen Priester, der vor kurzem erst von Kardinal Dolan für die Diözese von New York geweiht worden war;
Die Botschaft von Kardinal. Sarah, Präfekt für den Gotteskult an die Teilnehmer.

a) Kardinal Sarahs Botschaft

In der Vergangenheit, bevor er zum Gottesdienstkongregation berufen wurde, hatte Kard. Sarah die Vorstellung der Kongressaktes von „Sacra Liturgia 2013“ in Rom beigewohnt. Er sandte daher eine freundliche Begrüßung an die Teilnehmer von Sacra Liturgia 2015 und dem Organisator Bischof Rey (der in Frankreich anderweitig beschäftigt war) und auch an Kardinal Burke, einem der wichtigsten Sprecher. Er wollte den Laien und dem Klerus, die sich in New York versammelt hatten, eine besondere Botschaft übermitteln:
Zu allererst hob er die Bedeutung hervor, die heute von großer Aktualität ist: „das Apostolat im Dienst an der Förderung der Heiligen Liturgie“ und lud alle ein: „alles zu tun, um die Heilige Liturgie zurück ins Herz der Beziehung von Gott und Mensch zu bringen.“
Er bat die Teilnehmer ihm dabei zu helfen, die liturgische Erneuerung weiterzubringen, die Benedikt XVI. zugelassen hatte, sodass sie eine Art Verwalter würden, wie sie im Matthäusevangelium beschrieben werden, die aus dem großen Vorratsschrank altes und neues, nova et vetera hervorbringen können.
Zuletzt schlug er den Teilnehmern vor, in ihrer Arbeit zwei Wege einzuschlagen: zunächst sich daran zu erinnern, dass die heilige Liturgie (d.h. die Anbetung des allmächtigen Gottes, die durch Tradition an uns übermittelt wurde und die Begegnung zwischen der Menschheit und dem lebendigen Gott in seiner Kirche darstellt) treu und respektvoll mit Gottesfrucht gefeiert werden muss. Zweitens sollen sie sich aufmerksam der Förderung einer gesunden liturgischen Formation widmen, wie Papst Franziskus es am 18. Februar 2014 gesagt hatte: „eine Hingabe für eine solide und natürliche liturgische Initiation und Ausbildung zu haben, für Laien den Klerus und die gottgeweihten Personen“, weil „es viel verbleibt, bis die komplette Anpassung an die Konstitution der Heiligen Liturgie von Seiten der Getauften und der kirchlichen Gemeinschaften verwirklicht wird.

b) P. Connollys Messe

P. Connolly ist ein junger irisch-amerikanischer Priester (wie man von seinem Namen schon schließen kann) der Erzdiözese von New York, wo er, zusammen mit neun anderen Diözesanseminaristen und zwei Franziskanern der Erneuerung (den Bronx-Franziskanern) am 23. Mai 2015 geweiht wurde, vom Kardinal Erzbischof von New York in der Kathedrale des hl. Patrick. Wir haben ihm am 2. Juni kurz in der Kaffeepause sprechen können und haben herausgefunden, dass er die erste Messe der Konferenz am gleichen Abend zelebrieren würde, eine feierliche Messe der außerordentlichen Form des römischen Ritus. Das Vertrauen, das einem jungen Priester bei einer Konferenz solchen Kalibers entgegengebracht wurde, ist beispielhaft für das Klima der ganzen vier Tage der Sacra Liturgia in New York: Raum zu schaffen für die jungen und die einfachen, solange sie eine ehrliche und überzeugte Liebe der heiligen Liturgie zeigen.

P. Connolly hatte in den zehn Tagen zuvor die traditionelle Messe bereites mehrere Male gefeiert, auch dieses Mal zelebrierte er die Messe in großer Feierlichkeit und tiefer Andacht. In New York, einer Diözese wo vor kurzem noch im Gespräch war, die einzige Summorum Pontificum Pfarrei in Manhattan zu schließen, kann ein Priester, der sein priesterliches Leben utroque usu (beiden Formen des römischen Ritus gemäß) leben will, demgegenüber offen sein, ohne in Gefahr zu laufen, aus dem Seminar geworfen zu werden, wie es manchmal in den Hauptstädten Europas der Fall ist…

Die Abwesenheit von ideologischen Vorurteilen der Vergangenheit wurde von einer deutlichen Anzahl von Diözesanseminaristen gezeigt, die an den Aktivitäten von Sacra Liturgia 2015 teilgenommen haben: es gab fast 60 von ihnen!

c) Das Zeugnis des Gründers von Juventutem in Harvard

Mathew Menendez, Gründer von Juventutem Boston, sprach gleich nach Erzbischof Salvatore von San Francisco, der heiß erwartet wurde und als Amerikas derzeitiges Symbol des Wiederstandes gegen die Säkularisierung und die LGBT Offensive hochgehalten wird. Erzbischof Cordileones Schlussworte waren: „was wir brauchen ist Zeugnis mehr als Worte.“

Und tatsächlich, Mathew Menendez, 24, zeigte sich als ein überzeugter und überzeugender Augenzeuge. Er sprach über „Jugend und Liturgie“ und hat damit einen tiefen Eindruck bei seinen Zuhörern hinterlassen. In seiner mit viel Witz erzählten Geschichte, wie er die außerordentliche Form in Harvard etabliert hat, meditierte er den Grund, warum so viele Amerikaner die sonntägliche Messe ausfallen lassen, wenn nicht gar ihren ganzen Katholischen Glauben, sobald sie aus ihren Jugendjahren herauswachsen (1) sind. Ihm zufolge ist die einfache Erklärung, dass ihr Glaube auf die Messe reduziert wird: „Junge Amerikaner sind wie deutsche Bischöfe: die einzige Stunde der Woche, in der sie katholisch sind, ist die Sonntagsmesse!“ Solch wagemutige Aussagen brachten ihm schallendes Gelächter im Saal ein.

Aus diesem Grund nimmt die Qualität der Sonntagszelebration eine grundlegende Bedeutung ein und stärkt den Glauben der Jugend. Aber Matthew Menendez zufolge hatte die liturgische Reform drei spezifisch schädliche Wirkungen bezüglich der Wertschätzung und des Verständnisses der Messe bei jungen Menschen, besonders bei Jungen: Sentimentalismus; Infantilisierung und Feminisierung. Ohne ein wahres Verständnis der Eucharistie, verstehen junge Menschen die Messe nur als eine Show, die – sobald sie heranwachsen – die Anziehungskraft verliert, im Vergleich zu dem, was die Welt zu bieten hat.

Dennoch gibt es eine weitere Lösung, denn „ein Priester kann schon den ganzen Unterschied machen!“. Für Matthew Menendez war es ein Priester, der ihm die Bildung und das Verständnis der Liturgie vermittelte. „Die Geschichte meines Glaubens“, fasste er mit beeindruckenden Worten zusammen, „ist die Geschichte des wachsenden Verständnisses der Eucharistie, die ich als Messdiener erhalten hatte.“ Dann folgte die Entdeckung der traditionellen Messe. Dies ist ein Zeugnis der Macht, die viele junge Menschen auf der ganzen Welt erleben, die sozusagen von der traditionellen Messe gerettet werden.

Klare Worte eines klardenkenden jungen Mannes, die es verdienen, verbreitet zu werden, besonders dort, wo er bezüglich des Kontaktes mit diözesanen Autoritäten sagen muss: „Wenn die außerordentliche Form nun Teil der Landschaft in Harvard ist, dann nur, weil wir alles ohne, oder sogar gegen die derzeitige Kirchenhierarchie organisieren mussten.“ Dazu kommt noch der Sieg im Kampf gegen die satanische Messe, die auf dem Universitätscampus gehalten werden sollte. Aber zusätzlich zu diesem kleinen Wunder, eine traditionelle Liturgie im Herzen eines Orts zu erbauen, der oft die Brutstätte für die oft liberalen Eliten der USA ist, wollte Matthew Menendez vor allem eine Botschaft an die Generation schicken, die älter ist, als er. Er wandte sich damit vor allem an diejenigen, die seit den 1960er Jahren eine aufgesetzte „Jugendkultur“ geschaffen haben, die die Transzendenz ausschließt und damit einen Sinn für und einen Geschmack des Sakralen unter den jungen Menschen unmöglich machen will, selbst gegen das Erwachsen des Dranges nach Transzendent, das erwacht und gestillt werden will.

Er hat die Kluft nicht weichgespült, die die neue Summorum Pontificum Generationen von den alten traditionalistischen Generationen trennt. Die Veteranen scheinen ihm vernarbt zu sein – verständlicherweise vernarbt – fügte er hastig hinzu, durch das Trauma der Jahre in denen die traditionelle Messe fast unmöglich war, wenn nicht sogar verboten. Sie schienen der Versuchung zu erliegen, die Messe für sich selbst behalten zu wollen, wenn auch nur unbewusst, indem sie sich beispielsweise gegen die Zelebration auf modernen Altären mit modernen Messgewändern sträuben oder gegen Priester, die noch lernen und noch nicht alle Rubriken gemeistert haben. Seine eigenen Generation dagegen, wuchs bereits mit dem Motu Proprio von Benedikt XVI. auf und sieht die außerordentliche Form nicht nur als etwas gegebenes und eine unglaubliche Möglichkeit, den katholischen Glauben vollkommener zu leben, sondern auch als einen Schatz, der geteilt werden will. Trotzdem muss auch er in einem ernsten Kampf seinen Mann stehen, wie die Veteranen. Zusammenfassen kann man alles in einem Satz mit Biss, der vom ganzen Saal mit tosendem Applaus erwidert wurde – von Alt und Jung gleichermaßen: „Ihr hattet das Trauma, wir haben das Internet.“


Im Uhrzeigersinn von oben links: P. Connolly; Erzbischof Cordileone; P. Cipolla während der eröffnungsvesper; Dom Philip Anderson, Abt von Clear Creek neben Bischof Perry, Weihbischof von Chicago und Bischof Caggiano, Bischof von Bridgeport während der Heiligen Messe zelebriert von Erzbischof Cordileone in der Form des Missale Pauls VI. © Sacra Liturgia 2015.


II – Die Analyse von Paix Liturgique

1) „Schwulenehe“, Gender-Theorie und Obamas Regierungsübergriffe in die katholische Bildung, Religionswettstreit usw.: das alles sind die Herausforderungen der Katholischen Kirche in Amerika und diejenigen, die an Sacra Liturgia 2015 teilgenommen haben, teilen die Überzeugung, dass die katholische Reconquista wesentlich geistlicher und liturgischer Natur sein muss. Daher ist die Wiederentdeckung des Geistes der Liturgie unabdingbar.

2) Den Laien und dem Klerus in New York zufolge, bezieht die Wiederentdeckung des Geistes der Liturgie mit ein, sich der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zu nähern, um die ordentliche Form sprichwörtlich wieder zu re-orientieren (das heißt sich wieder dem Morgenland zuwenden, von wo der Herr wiederkommen wird, das Kommen, das wir erwarten und vorbereiten). Wobei das Motto von Sacra Liturgia ist: culmen et fons vitae et missionis Ecclesiae (die Liturgie ist der Höhepunkt und die Quelle des Lebens der Kirche und ihrer Mission). Man könnte bei Sacra Liturgia in den USA noch hinzufügen: in utroque usu, in beiden Formen des römischen Ritus, besonders wenn diese in den selben Gemeinden co-existieren, in denselben Pfarreien, und denselben Gotteshäusern. Die Menschen hier haben weden den Sinn von Rebellen noch eine Ghetto-Mentalität: sie wünschen einfach, die traditionelle Form sowie die Reform der Reform weiterzubringen, die Hand in Hand miteinander gehen. All dies folgt den Wünschen von Benedikt XVI., oder versucht hat, der liturgischen Renaissance zu geben.

3) Zuletzt können wir nicht umhin hervorzuheben, dass der überwiegend große Anteil der Jugendlichen und Diözesanklerus der große Erfolg dieser Konferenz ist. Die Anziehung, der ehrwürdigeren und feierlichen Liturgie bei der Jugend ist weitaus mehr als eine wandelbare Mode. Sie geht kontinuierlich weiter, wie Benedikt XVI. in seinem Brief bereits erwähnt hat, der an die Bischöfe gerichtet war und mit Summorum Pontificum veröffentlicht wurde. „Hatte man unmittelbar nach dem Ende des II. Vaticanums annehmen können, das Verlangen nach dem Usus von 1962 beschränke sich auf die ältere Generation, die damit aufgewachsen war, so hat sich inzwischen gezeigt, daß junge Menschen diese liturgische Form entdecken, sich von ihr angezogen fühlen und hier eine ihnen besonders gemäße Form der Begegnung mit dem Mysterium der heiligen Eucharistie finden. So ist ein Bedarf nach klarer rechtlicher Regelung entstanden, der beim Motu Proprio von 1988 noch nicht sichtbar war; diese Normen beabsichtigen, gerade auch die Bischöfe davon zu entlasten, immer wieder neu abwägen zu müssen, wie auf die verschiedenen Situationen zu antworten sei.“

4) Zurück in Europa könnte man sagen, dass die momentanen Prioritäten woanders liegen: die Pastoral für die einen, das Ordensleben für die anderen, für andere wiederum das politische Engagement von Christen usw. Die Antwort aus New York, aber auch aus Singapur, aus Gabon oder Chile (2) ist, dass die Messe wichtig ist, wie Michael Davies immer gesagt hat: sie ist immer im Herzen des Problems und daher auch die Antwort. Ohne dem Supernaturalismus verfallen zu wollen, denn Glauben und Sakramente ohne Werke sind tot, bleibt die Messe doch die wirksamste und universale Antwort, die Katholiken der Krise der modernen Welt entgegen bringen können, bis zu dem Punkt, dass sie als vollkommene Zusammenfassung des Ideals des Christentums verstanden werden kann, nach dem die Kirche strebt.

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1) Das „Pew Research Center“ veranlasste eine Studie über amerikanische Ex-Katholiken und stellte fest, dass einer von zehn Amerikanern ein ehemaliger Katholik ist. Sehen Sie hier.
2) Zum ersten Mal wurde die Summorum Pontificum Konferenz in Chile gehalten, vom 21.-23. Juli 2015. Kardinal Medina Estévez, ehemaliger Präfekt für den Gotteskult hatte die Schlüsselansprache gegeben.