Brief 41 veröffentlicht am 31 Dezember 2013

Papst Franziskus hat kein Problem mit dem traditionellen Ritus


Lieber Heiliger Vater, wir Pilger versichern Ihnen hier in der päpstlichen Basilika, an Ihrem Altar, dass wir uns heute mehr denn je nicht alleine fühlen. (…) Wir sind nicht alleine: den alten Ritus zu feiern bedeutet, von wunderbaren Jahrhunderten der Geschichte der Heiligkeit begleitet zu werden, in diesem heiligen Ritus haben tausende von Heiligen die süße Tiefe der Begegnung mit Gott in der Stille und im Geheimnis gefunden und auch heute lassen wir uns nicht von der Bitterkeit der Einsamkeit anstecken. Wir freuen uns über Ihre Umarmung heiliger Vater, im Rom der Päpste, lieber Heiliger Vater, mit allen Brüdern in der Welt.
(Kardinal Castrillón Hoyos, Pilgerfahrt Summorum Pontificum, 26. Oktober 2013, Petersdom).

Ende Oktober wurden vom Heiligen Vater bei drei verschiedenen Gelegenheiten bezüglich der traditionellen Liturgie und ihrer Anhänger im Abstand von nur wenigen Tagen drei verschiedene Äußerungen getätigt:


I – 26. Oktober 2013: Botschaft zum Anlass der Pilgerfahrt des Volkes Summorum Pontificum nach Rom

In seiner Predigt während der Messe im Petersdom zum Anlass der Pilgerfahrt Summorum Pontificum drückte Kardinal Castrillón Hoyos seine Freude über die Freiheit des sogenannten gregorianischen Ritus aus, von dem er selber sagte: „Der gregorianische Ritus hat im besonderen Sinne seine Lebendigkeit mit seiner Verbreitung wiedergefunden. Vor sechs Jahren hatte das Motu Proprio Summorum Pontificum dem Christenvolk die Möglichkeit wieder gegeben von den geistigen Früchten zu profitieren, die Wirkung seiner Zelebration sind.“ Es war besonders bewegend für die Pilger, dass der Kardinal, als er sich an den Heiligen Vater wandte, das bedeutende Wort „wir“ benutzte, das nicht der majestas entsprach, sondern der Einheit mit den Pilgern: also sprach seine Eminenz im Namen aller Gläubigen bei seiner Antwort auf die Botschaft des Papstes [siehe Brief Nr. 47]. Der Vatikanist Sandro Magister sah in dieser Botschaft des Papstes eine „tröstliche Geste“. Er schrieb am 8. November: „Auch dieses Jahr erging an den Kardinalszelebranten vom Staatssekretär eine Grußwort im Namen des Papstes. [Im Jahr 2012 wurde der Text von Benedikt XVI. von Kardinal Tarcisio Bertone unterschrieben, die Botschaft dieses Jahres von Papst Franziskus trug die Unterschrift des neuen Staatssekretärs Parolin, Anm. d. R.]. Also zwei Botschaften gleichen Inhaltes.

Dies war ein tröstliches Signal für die Freunde der Alten Messe, die in vollem Maße in Einheit mit der katholischen Kirche sind. Man hätte befürchten können, dass Papst Bergoglio, der nicht dieselbe liturgische Sensibilität wie sein Vorgänger aufweist, die Pilgerfahrt ignoriert. Aber so war es nicht.“ Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass während des letzten Jahres mehrfach daran erinnert wurde, dass „der Wert und die Heiligkeit der ordentlichen Form des römischen Ritus anerkannt werden muss“, als ob das nicht etwas Selbstverständliches für diejenigen wäre, die auf Pfarreiebene in der außerordentlichen Form praktizieren oder praktizieren wollen; so beinhaltet die Botschaft dieses Jahres keine auch noch so kleine verbale Begrenzung bezüglich der liturgischen Form, die für die Pilger und Priester der Pilgerfahrt charakteristisch ist. Man spricht vom „öffentlichen Kultus“ der Kirche, es scheint also einen kleinen Schritt nach vorne zu geben.


II – 29. Oktober 2013: Botschaft an die Priesterbruderschaft St. Petrus

Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Botschaft auf Französisch und dieses Mal auf den 29. Oktober 2013 datiert, von Radio Vatikan am 13. November veröffentlicht, dann von news.va, der offiziellen Informationsseite des Heiligen Stuhls, aufgegriffen wurde. In der Botschaft, die an Msgr. Luigi Ventura, den apostolischen Nuntius in Frankreich und Don Vincent Ribeton, den französischen Distriktoberen der Bruderschaft Sankt Petrus (FSSP), zum Anlass des 25. Jubiläums der Gründung adressiert war, bestätigt, dass „die heiligen Mysterien der außerordentlichen Form des Römischen Ritus gemäß und den Verordnungen der Konstitution über die Liturgie Sacrosanctum Concilium und die Weitergabe des apostolischen Glaubens, der im Katechismus der Katholischen Kirche niedergeschrieben steht, in treuem Respekt vor der lebendigen Tradition der Kirche zu einem größeren Verständnis und Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils beitragen mögen.“ Des Weiteren drängte der Papst die Priester der FSSP dazu, „ihrem Charisma entsprechend eine aktive Rolle in der Mission der Kirche in der Welt von heute einzunehmen, durch das Zeugnis eines heiligen Lebens, eines soliden Glaubens und einer erfinderischen und großzügigen Liebe.“





Messe für 25 Jahre bestehen der FSSP von P. Ribeton in der Kirche Saint-Sulpice von Paris zelebriert; 16. November 2013)



III – 31. Oktober 2013: Audienz von Kardinal Castrillón mit Papst Franziskus

Kardinal Castrillón Hoyos erbat diese Audienz bei Papst Franziskus, um die zahlreichen Personen die der außerordentlichen Form anhängen, zu beruhigen, die aus konfusen ersten Momenten des Pontifikates erwuchsen. Einige Tage später sprach er vor Mitgliedern der Internationalen Föderation „Una Voce“ (FIUV), die in Rom zur Generalversammlung eigetroffen waren, und äußerte sich von dieser Audienz wie folgt: „Ich habe vor kurzem Papst Franziskus getroffen, der mir sagte, dass er überhaupt kein Problem mit dem Alten Ritus habe, und daher auch nicht mit den Laiengruppen und Gründungen – wie der Euren – , die ihn fördern.“ Des Weiteren antwortete er auf die Fragen der Mitglieder von Una Voce über das Ereignis der Franziskaner der Immaculata, und präzisierte, dass es darüber in der Begegnung mit dem Papst nicht gesprochen habe. Der Kardinal erläuterte, dass der Papst den Alten Ritus bei einer Ordensgemeinschaft aufgrund innerer Spaltungen unterbunden hatte, und nicht wegen eines negativen Urteils über die traditionelle Liturgie.


IV – Kommentar von Paix Liturgique

1) Im dem Interview, das der Papst im August einer Zeitschrift der Jesuiten genehmigt hatte, las man Aussagen, die man als Distanz zwischen Franziskus und dem der traditionellen Liturgie anhängenden katholischen Gottesvolks interpretieren konnte:

„Die Dynamik der aktualisierten Lektüre des Evangeliums von heute, die dem Konzil eigen ist, ist absolut unumkehrbar. Dann gibt’s da spezielle Fragen, wie die der Liturgie nach dem Alten Ritus. Ich denke, dass die Entscheidung von Papst Benedikt klug abwägend gewesen ist als Hilfe für einige Personen, die diese besondere Sensibilität haben. Ich finde aber das Risiko einer Ideologisierung des Vetus Ordo, seine Instrumentalisierung, sehr gefährlich.“

Dies sorgte für zahlreiche besorgte Kommentare von Seiten traditioneller Katholiken ein, die sich aber hätten sich aber dessen hätten bewusst sein müssen, dass die Antwort des Papstes zum Anlass des Ad-Limina Besuches der Bischöfe aus Puglien im vergangenen Mai erklärte: Denjenigen, die behaupten, die „Messe in der alten Form große Spaltungen im Inneren der Kirche hervorruft“, gegenüber „Extremismen von einigen traditionalistischen Gruppen“ müsse man wachsam sein; gleichzeitig schlug er vor: „die Tradition zu schätzen und die Voraussetzungen zu schaffen, damit dieser Schatz mit der Erneuerung zusammen existieren kann“.

2) Es ist nicht verwunderlich, dass eventuelle Entgleisungen oder ein mutmaßliches Fehlen von Kohärenz in der zeitgemäßen Ausdrucksweise der Gedanken des Papstes gibt. Wie alles, was Papst Franziskus sagt, geben uns seine Äußerungen über die traditionelle Liturgie mehr eine pastorale als eine lehramtliche Richtungsweisung. Als aufmerksamer Hirte ist Franziskus sicherlich von den Zusammenhängen der wichtigen Ereignisse der außerordentlichen Form des römische Ritus beeindruckt und drückt sich mit Klarheit in einer Richtung aus, die man von ihm nicht erwartet hätte.

Damit entzieht er Prof. Palmaros Aufforderung, der sich dem Papst gegenüber am Fest Allerheiligen sehr kritisch geäußert hatte, den Boden, die gleich nach diesen drei Ereignissen der traditionellen Liturgie laut wurden.

3) Zusammenfassend kann man sagen, dass in der kurzen Zeitspanne ein Papst, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger wenig Interesse für die traditionelle Liturgie oder die „Personen, die diese besondere Sensibilität haben“ zeigt, diesen Personen drei aufeinanderfolgende Signale gegeben hat.

Die direkte und indirekte Bedeutung scheint zu sein: das Motu Proprio wird nicht in Frage gestellt. Von hier ausgehend können wir versuchen, die Haltung des Papstes in seinen Wegweisungen besser zu verstehen. Deutlich wird das darin, dass kein neuer liturgischer Krieg entfacht wurde, sondern dass sogar diese besondere Sensibilität für diesen liturgischen Vollzug vollkommen anerkannt wurde. Sicherlich gibt es weniger Respekt als den von Benedikt XVI. für die Feier der traditionellen Liturgie. Aber die „Normalisierung“ von Papst Franziskus ist paradoxerweise wichtiger, weil er diese besondere „Sensibilität“ für den Geist der Liturgie nicht teilt. Darum also: die Messe die sie feiern, existiert. Punkt.

4) Präzisieren wir, dass der größte Teil derjenigen, die ihren Katholizismus mit dieser Messe leben, nicht als Peripherie der Kirche gesehen werden, sondern als „Unterstützung“. Es ist augenscheinlich, dass die Kirche heute in dringend Heilung von innen benötigt. Diesbezüglich gibt Frankreich ein deutliche Beispiel: Es wird im Jahre 2020 insgesamt 6.000 Priester geben, wobei es 1990 noch 25.000 waren; die Anzahl der Kandidaten des ersten Jahres in den Diözesanseminaren hat seit vielen Jahren Schwierigkeiten, eine Einhundert-Grenze zu überschreiten (Frankreich zählt jedes Jahr, der FSSXP eingeschlossen, 40 Berufungen für den Alten Ritus); Konvente und Klöster schließen eins nach dem anderen.

Das beunruhigteste Faktum ist aber die Verwässerung des Glaubens weil in Katechesen keine Klarheit mehr darüber herrscht, was Ursünde, die letzten Dinge, die Auferstehung des Leibes, die Natur und die Wirkung der Sakramente, die Realpräsenz und die Transsubstantiation in der Eucharistie, die Auferstehung, und die Zwecke der Ehe sind, ganz zu schweigen von ethischen Fragen usw. Bestenfalls bleibt eine freundschaftliche Beziehung mit Jesus Christus.

5) Angesichts dieses Desasters manifestiert sich die traditionelle Liturgie vom Gesichtspunkt der Glaubensweitergabe als besonders standfester Ort, als Nährboden für Berufungen, als Hüterin des Naturgesetzes. Die traditionelle Welt fördert besonders die dynamischen Gemeinschaften und die „identitären“ Bewegungen, von denen Frankreich beispielsweise die Gemeinschaft „Saint Martin“ florieren sieht (allein bei ihnen haben sich 31 neue Seminaristen eingeschrieben). Glaubenslehre.